Bremswege von links nach rechts:

WINTERREIFEN Versehen mit M+S-Zeichen (Matsch und Schnee). Weiche Gummimischung. Eher quer verlaufendes Profil mit größeren Rillen und Stollen für besseren Grip bei Schnee. Langer Bremsweg im Sommer.

GANZJAHRESREIFEN Erfüllen nicht die hohen jahreszeitspezifischen Ansprüche von reinen Sommerund Winterreifen. Werden aber mittelmäßigen Anforderungen gerecht – und man spart sich Umstecken/Einlagern.

SOMMERREIFEN Harte Gummimischung für möglichst hohe Abriebresistenz. Eher als Längsprofil konzipiert. Ausgelegt für möglichst geringen Rollwiderstand bei zugleich guter Haftung.

LEICHTLAUFREIFEN Schmale Lauffläche, deshalb auch gern "Asphaltschneider" genannt. Dadurch und durch spezielle Profile verringert sich der Rollwiderstand. Vorteil: Spritsparen. Nachteil: längerer Bremsweg

Grafik: der Standard

Wer die Reifen umstecken lässt, bekommt meist auch gleich eine gratis Kontrolle dazu, ob die Radlager nicht ausgeschlagen sind.

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Trotz SUV-Booms ist kein signifikanter Zuwachs bei Geländereifen merkbar.

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Für die Umwelt entscheidend ist auch die richtige Entsorgung der alten Reifen.

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In Österreich sind (Stand Ende 2017) 4.898.578 Personenkraftwagen zugelassen. Selbst, wenn nicht alle gleichzeitig zum Reifenwechseln rollen: Da ist im Frühling ganz schön was los. Neben dem Klassiker "selber wechseln oder wechseln lassen" stellt sich auch die Frage nach der richtigen Reifenwahl. Gleich die Winterreifen drauf lassen? Ignorieren, weil man mit Ganzjahresreifen unterwegs ist? Doch Sommerreifen anschnallen? Leichtlaufreifen zum Spritsparen? Zum Schnäppchen aus Fernost greifen oder besser zu teurer, aber sicherer Markenware?

Wir fragen einen, der es genau wissen muss: Friedrich Eppel, Reifenexperte beim Automobilclub ÖAMTC. Winterreifen im Ganzjahresbetrieb? Auf trockener Fahrbahn in der warmen Jahreszeit haben die "eindeutig längere Bremswege", das kann im Extremfall über Leben oder Tod entscheiden. Außerdem hat der Winterreifen eine weiche Gummimischung, das Profil nutzt sich also sommers schneller ab (im Winter gilt das für den Sommerreifen), man braucht rascher neue Pneus, und das kostet. Manche überlegten sich aber, sagt Eppel, Winterreifen auszufahren, wenn deren Profil schon recht abgefahren seien. Bis auf 1,6 Millimeter Profiltiefe darf man es laut Gesetzgeber abnudeln.

Bremswege als Kriterium

Zum Sicherheitsaspekt gleich einmal eine grobe Daumenpeilung: In der warmen Jahreszeit auf trockener Fahrbahn kommt ein Kompaktwagen bei Vollbremsung von 100 km/h mit Sommerreifen nach rund 40 Metern zum Stillstand, mit Ganzjahresreifen nach 46, mit Winterreifen nach 48 Metern. Bei nassem Untergrund sind die Unterschiede nicht so gravierend – bei geringen Plusgraden und nasser Fahrbahn sind Winter- den Sommerreifen sogar überlegen.

Das G-Wort ist ja bereits gefallen: Ganzjahresreifen. Auch hier gebe es, erläutert Eppel, eigentlich zwei Arten: Die über eine härtere Gummimischung eher auf Sommer ausgelegten seien im Winter schlecht, die eher auf Winter ausgelegten im Sommer. Früher war das die Mehrheit bei Ganzjahresreifen, heute dominiert eher der Sommerg'spritzte – Pardon: die Sommermischung. Ein Kompromiss ist das auf jeden Fall, "Wunder gibt es immer noch keine", bedauert Eppel.

Geländereifen

Trotz SUV-Booms ist kein signifikanter Zuwachs bei Geländereifen merkbar – verständlich beim Haupteinsatzgebiet Stadtdschungel. Hingegen haben Leichtlaufreifen eine, von heute noch niedrigem Niveau aus, wachsende Relevanz, was einerseits mit immer strengeren Verbrauchsvorschriften korreliert, anderseits mit der ganz langsam anspringenden Elektromobilität. Reifenprofile, -dimensionen und -breiten schlagen sich auf die Verbrauchswerte der Autos nieder, entsprechend sind die Reifenmacher ebenfalls vom Gesetzgeber in die Pflicht genommen, bei der CO2-Ausstoßreduktion ihren Beitrag zu leisten.

Für die ob ihrer Schmalheit im Volksmund gern Asphaltschneider benamsten Leichtläufer gilt zwar wieder ein längerer Bremsweg, indes sind sie die Speerspitze der Reifenhersteller bei der Reduktion des Rollwiderstands (und damit der Spritverbrauchsersparnis), was ja ein generelles Anliegen ist. Renault etwa hängt serienmäßig 19,5 Zentimeter schmale 20-Zöller an den Scénic, BMW beim Ökosportwagen i8 detto, mit Mischbereifung – vorne sind die 20-Zoll-Reifen 19,5 Zentimeter breit, hinten 21,5.

Und was ist nun mit Billigreifen? Prinzipiell, sagt Eppel, "sind alle Reifen rund und schwarz, und von außen sieht man nicht, ob sie gut oder schlecht sind". Zwar hätten Fernostanbieter, um die es hier geht, chinesische zumal, viel dazugelernt, was aus Konsumentensicht gut sei. Dennoch sollte man, auch wenn damit erkennbar ein Marktsegment bedient werde, Gummis besser nicht nach dem Preis kaufen. In unabhängigen Reifentests kann jede(r) sich über das Abschneiden von Billigrei- fen im Sicherheitshauptkriterium Bremsweg informieren. Gefragt sind eben Grip und Grips.

Ökobilanz beachten

Zur Ökobilanz zählt übrigens auch ein Kriterium, das man gemeinhin gar nicht so mit dem Reifen in Verbindung bringt: Feinstaub. Messungen zufolge stammen vom verkehrsbedingten bis zu 85 Prozent vom Reifen-, Bremsen-, Straßenabrieb und vom Wiederaufwirbeln der Staubschicht.

Bei der Lärmentwicklung im Straßenverkehr stellen die Abroll- und Windgeräusche einen Hauptfaktor dar: Etwa ab 30, spätestens ab 50 km/h dominieren sie alle anderen Lärmemittenten. Da ist dann egal, ob ein Verbrennungs- oder Elektromotor im Auto werkt. Eppel zufolge sei aber das Potenzial bei den Pkw-Reifen bereits weitgehend ausgereizt, straßen-, also fahrbahnseitig wäre hingegen noch einiges drin. Und der Lärm, speziell das unangenehme, gar nicht mal so übermäßig laute Singen, stamme vor allem von den Lastwagen.

Und jetzt gemma Reifen wechseln. Oder wechseln lassen. (Andreas Stockinger, 14.4.2015)