Die Bildung beeinflusst den Lebensstil und damit auch die Lebenserwartung.

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Steigende Einkommen und der daraus resultierende verbesserte Lebensstandard gelten seit langem als wichtigste Faktoren für ein langes und gesundes Leben. Die von Samuel Preston 1975 entwickelte Kurve, bei der das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Person auf der horizontalen Achse und die Lebenserwartung auf der vertikalen Achse angezeigt wird, war dafür die Grundlage.

Wolfgang Lutz und Endale Kebede, beide an der Wirtschaftsuni Wien und dem Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (Iiasa) affiliiert, konnten nun in einer Studie belegen, dass nicht das steigende Einkommen, sondern Bildung der entscheidende Faktor für ein längeres Leben ist.

Entscheidungsbasis für zukünftige Investitionen

In ihrer neuen Studie analysierten Lutz und Kebede globale Daten aus 174 Ländern von 1970 bis 2015. "Gerade für politische Entscheidungsträger ist die Frage, welche Faktoren ausschlaggebend für die menschliche Lebenserwartung sind, von hoher Bedeutung. Denn die Antwort darauf lässt wichtige Rückschlüsse darauf ziehen, wofür Mittel bereitgestellt werden sollten", sagt Lutz.

Lutz und Kebede untersuchten auch die Lebenserwartung in Abhängigkeit von der mittleren Schulzeit der erwachsenen Bevölkerung. Die Kurve verläuft deutlich stärker linear – eine Tatsache, die darauf hindeutet, dass Bildung die Entwicklung viel besser erklärt. Zudem gibt es keine Verschiebung der Kurve nach oben, die auf andere Faktoren hindeuten würde.

Mehr Bildung, bessere Gesundheit

Den Grund dafür sehen die Forscher darin, dass höhere Bildung meist zu komplexerem und längerfristigem Denken führt und damit auch oft zu Verhaltensweisen, die sich auf die Gesundheit positiv auswirken. In den letzten Jahrzehnten verlagerten sich die häufigsten Todesursachen zunehmend von infektiösen auf chronische Krankheiten, die stärker vom individuellen Lebensstil abhängen. In Zukunft werde die Frage des individuellen Verhaltens, das stark von der Bildung abhängt, für die Sterblichkeit weiter an Bedeutung gewinnen wird. "Unsere Forschung zeigt radikalere Ergebnisse als frühere Analysen zum Thema. Sie widersprechen der weit verbreiteten Ansicht, dass Einkommen und medizinische Interventionen die Hauptfaktoren für Gesundheit sind. Sie zeigt sogar, dass der scheinbare Zusammenhang zwischen Einkommen und Gesundheit nicht kausal ist und beides durch Bildung beeinflusst wird", sagt Lutz.

In früheren Forschungsarbeiten am Wittgenstein Centre, einer Kooperation zwischen der WU, dem Iiasa und dem Institut für Demographie (VID, ÖAW), wurde schon gezeigt, wie wichtig eine breite Bildung der Bevölkerung für Armutsbekämpfung und Wirtschaftswachstum ist und dass sie die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel verbessert. All das unterstreiche die Forderung nach verbessertem Zugang zu Bildung als wichtiger Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung. "Natürlich geht es dabei auch um die Finanzierung von qualitativ hochwertiger Bildung", ergänzt Lutz. (red, 17.4.2018)