Conchita bei einer Probe für den Song Contest im Mai 2015 in Wien.

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Frage: Warum hat Conchita gerade jetzt bekanntgegeben, dass sie HIV-positiv ist?

Antwort: Sie wolle sich für den Rest ihres Lebens "von einem Damoklesschwert befreien", schrieb Conchita am Sonntagabend auf Instagram. Sie habe entschieden, mit der Nachricht an die Öffentlichkeit zu gehen, weil ihr ein Ex-Freund drohte, selbiges zu tun.

Frage: Ist das Verhalten dieses Ex-Freundes strafrechtlich relevant?

Antwort: Ohne genauere Hintergründe lässt sich das nicht seriös beantworten, da mehrere Delikte infrage kommen. Am naheliegendsten ist der Paragraf 107 des Strafgesetzbuches, die "gefährliche Drohung". Bis zu einem Jahr Haft droht demnach, "wer einen anderen gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen". Bis zu drei Jahren können es werden, wenn man "... mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz oder gesellschaftlichen Stellung droht ...". Eine grundsätzliche Frage ist allerdings, ob die Bekanntgabe einer HIV -Infektion, bei der die Virenlast unter der Nachweisgrenze liegt, die also kein Ansteckungsrisiko birgt, dafür ausreicht.

Frage: Welche Delikte kommen noch infrage?

Antwort: Je nachdem, ob mit der Drohung auch eine Forderung verbunden war, könnten auch "Nötigung" oder gar "Erpressung" infrage kommen – immer vorausgesetzt, dass das zwangsweise Outing selbst strafbar ist. Eine weitere juristische Möglichkeit besteht, wenn jemand beispielsweise auf Conchitas Facebookseite ständig postet, sie sei HIV-positiv – auch in diesem Fall liegt die Strafandrohung bei bis zu einem Jahr. Bei diesem Delikt kommt es nur darauf an, dass man "Tatsachen ... des höchstpersönlichen Lebensbereiches einer Person ohne deren Zustimmung für eine größere Zahl von Menschen wahrnehmbar macht".

Frage: Spielt eine HIV-Infektion im Strafrecht eine besondere Rolle?

Antwort: Spezifisch nur im Paragrafen 178, der sich "Vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten" nennt. Er kommt zu Anwendung, wenn ein HIV-Infizierter oder eine -Infizierte ungeschützten Geschlechtsverkehr hat, ohne die Erkrankung vorher bekanntzu geben. Allerdings:_Aufgrund der medizinischen Fortschritte machen sich Personen, die aufgrund ihrer Therapie nicht mehr infektiös sind, nicht strafbar. Die behandelnden Ärzte können das aufgrund der Befunde meist schlüssig darlegen.

Frage: Die Virenlast ist bei Conchita unter der Nachweisgrenze – was heißt das eigentlich?

Antwort: Wer sich mit HIV infiziert hat, kann mit einer antiviralen Wirkstoffkombination so behandelt werden, dass nur mehr die Einnahme einer Tablette täglich notwendig ist. Damit gelingt es meist, die Virenlast unter die sogenannte Nachweisgrenze zu bringen. Das heißt, die Viren können mit den gängigen Messverfahren nicht mehr nachgewiesen werden. Die dafür erforderliche Grenze liegt bei 40 bis 50 Viruskopien pro Milliliter. Das bedeutet nicht, dass HIV aus dem Körper verschwunden ist. Im Gegensatz zu Viren im Blut bleiben HIV-Antikörper lebenslang nachweisbar.

Frage: Warum ist eine Viruslast unter der Nachweisgrenze gut?

Antwort: Das Risiko einer HIV-Übertragung auf andere wird damit äußerst gering. In diesem Stadium sind Betroffene nicht mehr infektiös, eine sexuelle Übertragung gilt als extrem unwahrscheinlich. Wer mindestens sechs Monate unter der Nachweisgrenze war, kann nach Rücksprache mit dem Arzt auch ohne Kondom Sex haben. Sinkt die Viruslast unter die Nachweisgrenze, verringert sich auch das Risiko für HIV-assoziierte Erkrankungen, es sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass HI-Viren Resistenzen gegen die Medikamente entwickeln.

Frage: Wie hoch ist derzeit eigentlich die Lebenserwartung bei HIV?

Antwort: Frühzeitig diagnostiziert und behandelt, unterscheidet sich die Lebenserwartung HIV-infizierter Menschen heute kaum von jener gesunder Menschen. Laut Aids-Hilfe Wien leben Betroffene mitunter sogar länger, weil sie engmaschiger medizinisch betreut werden.

Frage: Woran arbeitet Conchita aktuell?

Antwort: Gerade nimmt sie mit den Wiener Symphonikern ein Album mit Songs bekannter Diven auf – Coverversionen von Barbra Streisand oder Shirley Bassey. Das Album kommt am 20. Oktober 2018 in den Handel. (bere, gueb, flu, moe, rwh, 16.4.2018)