Das Nulldefizit feiert in Österreich sein Comeback. "Man kann nicht mehr ausgeben, als man hat, das weiß jede Hausfrau", sagt Vizekanzler Heinz-Christian Strache, um die Strategie der Regierung zu bewerben. Wenn alles gut läuft, soll es 2019 nicht nur eine schwarze Null, sondern sogar einen Budgetüberschuss geben.

Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die Regierung keinen radikalen Sparkurs um; der Sozialstaat wird nicht zusammengestrichen, wie manche Kritiker behaupten. Bei der Polizei und für Familien wird sogar mehr Geld lockergemacht. Doch um Finanzmittel für die eigenen Schwerpunkte zu finden und gleichzeitig mehr einzunehmen als auszugeben, muss die Regierung doch Einschnitte vornehmen. Die Justiz bekommt das etwa zu spüren, weshalb Richter und Staatsanwälte derzeit auf die Barrikaden steigen.

Der Koalition steht es frei, ihre eigene Budgetpolitik zu verfolgen, und es spricht nichts dagegen, jede Ausgabe von Zeit zu Zeit infrage zu stellen. Die türkis-blaue Regierung erweckt aber den Eindruck, als habe eine Abwägung in der Sache in vielen Fällen nicht stattgefunden. Selbst die von Strache beschworene Hausfrau oder ein vernünftiger Unternehmer sollte sich vor einer Ausgabenkürzung einige Fragen stellen: Muss ich wirklich handeln? Und wenn ja, spare ich an der richtigen Stelle? Nicht dass am Ende meine Kosten höher sind, weil ich eine notwendige Investition nicht tätige.

Wie hätte eine seriöse Abwägung im Fall der Regierung ausgesehen?

Zunächst ist Österreichs Staatshaushalt nicht ramponiert. Die Debatte im Land ist zu stark auf eine Kennzahl – gibt es ein Staatsdefizit oder nicht? – fokussiert. Das ist unsinnig. Natürlich muss ein Finanzminister darauf achten, dass sich der Haushalt vernünftig entwickelt. Aber um das beurteilen zu können, braucht es eine Gesamtbetrachtung: Wie viel zahlt der Staat für Kredite (wenig), wie haben sich Zinsausgaben entwickelt (sie sinken), wie ist das Wachstum (stark). Die Verschuldungsquote ist zwar krisenbedingt gestiegen, würde aber auch ohne Nulldefizit sinken. Österreich ist finanzpolitisch nicht unter Druck. Das Nulldefizit hat was Dogmatisches an sich.

Angesichts der guten konjunkturellen Entwicklung werden staatliche Einsparungen keine neue Krise auslösen: Auch das ist eine Wahrheit.

Widersprüche im Budget

Für eine vernünftige Beurteilung ist es also umso wichtiger, sich anzusehen, wo die Regierung Geld kürzt. Hier treten die Widersprüche offen zutage. So investiert Türkis-Blau in die Polizei. Dies wird im Idealfall dazu führen, dass die Kriminalität in Österreich effektiver bekämpft werden kann – Gerichte und Staatsanwälte bekommen mehr zu tun. Bei ihnen den Sparstift anzusetzen bedeutet, die eigenen Mehrausgaben ins Leere laufen zu lassen. Was entsteht, ist ein Flaschenhals, weil die Justiz die Fälle nicht mehr bewältigen können wird. Ein anderes Beispiel betrifft die Integrationspolitik: Türkis-Blau lässt keine Gelegenheit aus, um auf Probleme und Versäumnisse hinzuweisen. Um dann was zu machen? Die Integrationsausgaben beim Arbeitsmarktservice zusammenzustreichen. Dabei könnten kluge Investitionen, insbesondere in Ausbildung, dafür sorgen, dass die langfristigen Kosten für den Staat, die durch Migration entstehen, sinken.

Unter dem Vorwand einer nicht existenten Budgetkrise wird also an einigen falschen Stellen gespart. Auf lange Sicht steigen die Kosten damit. (András Szigetvari, 16.4.2018)