Chinas Wirtschaft geht es trotz des Handelsstreits mit den USA gut.

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Peking fühlt sich mit seiner seit fünf Jahren im Umbau befindlichen und seit den vergangenen elf Quartalen jährlich zwischen 6,7 und 6,9 Prozent wachsenden Volkswirtschaft gut genug vorbereitet, falls US-Präsident Donald Trump seine Strafzölle auf China-Importe wahr macht. "Wir haben eine gereifte Wirtschaft. Sie ist hoch widerstandsfähig, verfügt über Potenzial und große Flexibilität", sagte der Sprecher des Statistikamts, Xing Zhihong, bei der Vorlage der Wachstumszahlen für das erste Quartal 2018. Mit 6,8 Prozent Wirtschaftswachstum, stabiler Beschäftigung, einem um 9,8 Prozent gestiegenen Einzelhandel und einer Teuerungsrate von 2,1 Prozent "hat unsere Wirtschaft einen guten Start hingelegt".

Chinas Vorteil sei das "Riesenland". Es könne auf Binnenaufgaben wie seine Urbanisierung ausweichen und verfüge über gigantische Devisenreserven. Immer wichtiger werde die Rolle des Konsums, begründete Xing seine Zuversicht in die Stärke der Inlandskonjunktur. Die Wende in der Wirtschaftsweise habe sich in den vergangenen fünf Jahren immer deutlicher gezeigt. Frühere Wachstumstreiber wie Exporte und Investitionen seien noch wichtig, würden aber durch Dienstleistungen und Binnenkonsum abgelöst. Die Konsumausgaben hätten im ersten Quartal 2018 mit 77,8 Prozent zum Gesamtwachstum beigetragen. Im gesamten Jahr 2017 hatten sie 58,8 Prozent ausgemacht. Seit fünf Jahren sei die Nachfrage zur wichtigsten Antriebskraft geworden. Das bringe dem Land einen weiteren Vorteil: "Konsum reagiert viel weniger volatil auf äußere Einflüsse als Exporte und Investitionen." Damit stabilisiere sich Chinas Wirtschaft. "Konsum ist der Schlüssel zu unserem Wachstum."

China setzt auf die IT-Branche

Peking setzt auch auf seine Zukunftsindustrien, die in allen IT-Sektoren im hohem zweistelligen Bereich zulegten. Sprunghaft gestiegen sei im ersten Quartal auch die Herstellung von Elektro- und Neue-Energien-Fahrzeugen (NEV, 139,4 Prozent) und von Industrierobotern (29,6 Prozent).

Chinas neue Wachstumszahlen lagen über den Erwartungen etwa der Weltbank und selbst chinesischer Medien. Damit stellt sich erneut die Frage nach der Glaubwürdigkeit der allzu oft politischen Zielen dienenden Statistik. So titelte die renommierte finanzpolitische Zeitschrift "Caixin" noch am Montag: "Es wird erwartet, dass sich das Wachstum im ersten Quartal verlangsamt." Sie begründete ihre Prognose mit den schwächelnden Investitionen. Der Sprecher bestätigte, dass etwa fixe Anlageinvestitionen gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,7 Prozent auf 7,5 Prozent gefallen seien. Dafür hätten aber die privaten Investitionen um 8,9 Prozent zugenommen, seit ihnen der Zugang zu Dienstleistungen mehr offensteht.

Doppelte Huldigung

Xing huldigte bei der Bekanntgabe der neuen Quartalszahlen gleich zweimal der Führung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping, am Anfang und auch am Ende seiner Erklärung. Xi braucht die Rückendeckung durch starke Wirtschaftsergebnisse sowohl für seine Auseinandersetzung mit den USA als auch für seine Reformen. Bei der Boao-Konferenz kündigte er vergangene Woche neue Schritte zur Senkung von Einfuhrzöllen und zur Liberalisierung der Wirtschaft an, darunter zur Umwandlung der Inselprovinz Hainan in eine neue Freihandelszone, die auch Pferderennen und Glücksspiel erlauben will. Xi versprach zudem ausländischen Investoren faire und gleiche Bedingungen für ihren Marktzugang in China. Das internationale Echo darauf blieb bislang zurückhaltend. "Zu spät und zu wenig", kommentierten Analysten und Wirtschaftskammern.

"Unsicherheiten im internationalen Umfeld"

Der Sprecher nannte die "Unsicherheiten im internationalen Umfeld" zusammen mit der US-Geldpolitik und Chinas ungleichgewichtiger Inlandsentwicklung als größte Gefahren, die die heimische Volkswirtschaft künftig bedrohten. Seine Äußerungen kommen vor dem Hintergrund, dass die USA ihre Drohung mit Strafzöllen im Wert von 150 Milliarden Dollar bisher nicht zurückgenommen haben. Im Juni sollen sie fällig werden. Peking plant als Vergeltung seinerseits milliardenschwere Strafzölle auf US-Importe von Sojabohnen bis hin zu Autos und Flugzeugen.

Der Streit verlagerte sich auch auf andere Felder. Das US-Handelsministerium sanktionierte am Dienstag einen der größten chinesischen Telekomkonzerne und Smartphone-Hersteller, ZTE. Nach Angaben von Bloomberg wurde das Unternehmen vor Jahren wegen der Lieferung von Telekomausrüstung in den Iran und nach Nordkorea bestraft. Weil es seinen Verpflichtungen daraus bis heute nicht nachgekommen sei, entschied das Handelsministerium, ZTE für sieben Jahre zu verbieten, Telekomtechnologie von US-Unternehmen zu beziehen. Chinas Handelsministerium forderte die USA auf, chinesische Unternehmen fair zu behandeln. Am Dienstag kündigte es zugleich Anti-Dumping-Maßnahmen gegen die Einfuhr von Hirse aus den USA an. 2017 importierte China 4,76 Millionen Tonnen Hirse, 2013 waren es erst 317.000 Tonnen. (Johnny Erling, 17.4.2018)