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Bei den Commonwealth Games in Australien gab Ex-Sprinter Usain Bolt den DJ

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Die Londoner Mall ist anlässlich des Commonwealth-Treffens bunt beflaggt

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Königin Elizabeth und Charles in der Westminster Abbey

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Wohlstand, Fairness, Sicherheit und Nachhaltigkeit, wer möchte das nicht? Die Agenda des diesjährigen Treffens der Staats- und Regierungschefs des Commonwealth in London klingt nach Frieden, Freude, Eierkuchen. Immerhin will Gastgeberin Theresa May diese Woche ihre Kollegen aus aller Welt dazu bewegen, eine Charta zur Säuberung der Ozeane von Plastikmüll auf den Weg zu bringen. Wichtigen Handelspartnern dürfte zudem heftige bilaterale Lobbyarbeit zuteil werden, schließlich will sich Großbritannien nach dem Austritt aus dem EU-Binnenmarkt globaler aufstellen. Abseits der offiziellen Tagesordnung geht es um eine wichtige Personalie: Wer soll dereinst auf Queen Elizabeth II. folgen?

Dem globalen Klub gehören einige der größten und bevölkerungsreichsten Länder wie Kanada, Indien und Malaysia an. Daneben treffen sich aber auch Zwerge wie die Pazifikstaaten Tonga (105.000 Einwohner), Kiribati (60.000) und Tuvalu (8.000). Inzwischen haben auch Staaten, die nie zum Empire gehörten, die Mitgliedschaft erworben, darunter Mosambik und Ruanda.

Im Londoner Sekretariat, derzeit geleitet von der aus Dominica stammenden Generalsekretärin Patricia Scotland, verweist man stolz auf eindrucksvolle Zahlen: Die 53 Mitglieder repräsentieren rund ein Viertel der Staaten auf der Erde mit insgesamt 2,4 Milliarden Einwohnern. Als Oberhaupt fungiert Elizabeth II. – und immer wieder haben Staats- und Regierungschefs bewundernd davon berichtet, wie genau die mittlerweile knapp 92-Jährige über Geschichte und politische Aktualität auch kleinster Mitgliedsstaaten informiert ist.

66 Jahre im Amt

Die seit 66 Jahren amtierende Monarchin mit ihrer in die Kolonialzeit zurückreichenden Erfahrung schreckt allerdings zunehmend vor anstrengenden Auslandsreisen zurück. Vieles deutet darauf hin, dass das diesjährige Treffen – im Commonwealth-Jargon heißen die normalerweise alle zwei Jahre stattfindenden Zusammenkünfte kurzerhand CHOGM – ihr letztes sein wird. Bereits 2013 in Sri Lanka durfte Thronfolger Charles, mittlerweile selbst schon 69, seine Mutter vertreten.

Einen ganzen Abschnitt seiner Website widmet auch der Prinz von Wales dem globalen Klub. Stolz wird darauf hingewiesen, dass Charles immerhin 41 der 53 Mitgliedsstaaten schon einmal besucht hat. Die Königin selbst weist offenbar in Gesprächen mit einflussreichen Repräsentantinnen und Regierungschefs gern darauf hin, dass ihr Charles' Nachfolge lieb wäre. Mag die Monarchin über die Jahre auch immer wieder Zweifel am Urteilsvermögen und der Belastbarkeit ihres Ältestens gehegt haben – dem Wohl der Monarchie, wohl auch dem Einfluss Großbritanniens weltweit wäre mit der Nachfolge allemal gedient.

Labour gegen Charles

Manche sehen das anders, nicht zuletzt die britische Labour-Opposition. Das solle doch das Commonwealth entscheiden, hat Parteichef Jeremy Corbyn, ein eingefleischter Republikaner, am Wochenende gesagt. Noch deutlicher machte ihre Ablehnung des Thronfolgers die Schattenministerin für Entwicklungshilfe. Als Nachfolger der Queen wünscht sich Kate Osamor "jemand Besonnenen, den die Leute respektieren" – jedenfalls nicht Charles.

Uneingeschränkt machten sich Sprecher der Opposition auch eine Initiative von 33 Commonwealth-Mitgliedern zu Eigen: Angeführt von Mauritius trommeln sie für eine Verurteilung des Mutterlands vor dem Internationalen Gerichtshof. Dabei geht es um die Vertreibung hunderter Menschen von den Chagos-Inseln im Indischen Ozean; sie musssten in den 1960er-Jahren dem US-Stützpunkt Diego Garcia weichen. "Das war amoralisch, brutal und falsch", findet Corbyn. "Die Leute sollten in ihre Heimat zurückkehren dürfen."

Neue Freihandelsabkommen

Zurückkehren zu den Zeiten des Empire würden hingegen gern manche, die vor zwei Jahren für Großbritanniens Austritt aus der EU trommelten. Außenhandelsminister Liam Fox hat seither nicht zuletzt frühere Kolonien wie Kanada und Australien bereist, um für die Zeit nach dem endgültigen Binnenmarkt-Austritt neue Freihandelsabkommen vorzubereiten. Die Anzeichen dafür stehen teilweise nicht schlecht, das Commonwealth als Organisation hingegen dürfte dem Mutterland kaum neue Handelsmöglichkeiten bieten.

Vielleicht gelingt dem Klub der Ex-Kolonien wenigstens, was einst der indische Staatsgründer Jawaharlal Nehru postulierte und Prinz Charles bei jeder passenden Gelegenheit gern zitiert: Das Commonwealth könne zur "Heilung unserer Schwierigkeiten" beitragen. (Sebastian Borger aus London, 17.4.2018)