"Sport ist eine meiner größten Leidenschaften. Ich paragleite, balanciere auf der Slackline, gehe klettern und wandern, im Winter mache ich Skitouren. Als ich nach der Matura Zivildienst gemacht habe, wusste ich, dass ich später mit Menschen arbeiten möchte. Medizin war eine Option, doch ich wollte diese mit Sport verbinden: Ich entschied mich für Physiotherapie. Ich habe mich an der Fachhochschule Gesundheit in Innsbruck für den Bachelor Physiotherapie beworben, aber es erst beim zweiten Anlauf ein Jahr später geschafft. Die Ausbildung ist begehrt, jährlich bewerben sich mehr als zehn Personen pro Studienplatz.

Das zeigt sich auch bei meinem Gehalt, in Innsbruck ist der Markt an Physios gesättigt. Für 30 Wochenstunden erhalte ich nach dreieinhalb Jahren Anstellung monatlich 1.310 Euro netto – das ist sogar über dem Kollektivvertrag. Ich arbeite bei einem Kassenarzt in einem Team von rund 20 Physiotherapeuten. Daher gilt für uns der Kollektivvertrag für Arztangestellte, der eine Vollzeitbezahlung von 1.525 Euro brutto vorsieht. Die Physiotherapeuten in Spitälern erhalten Vollzeit hingegen 2.460 Euro brutto, da sie unter einen anderen Kollektivvertrag fallen. Das sind netto ein paar hundert Euro Unterschied bei gleichem Berufsbild und gleichen Qualifikationen.

Durchgetakteter Arbeitstag

Leider sehe ich kein politisches Interesse, die Löhne anzugleichen. Auch von der Gesellschaft wird unsere Arbeit, so wie ich es wahrnehme, wenig wertgeschätzt. Nach einer abgeschlossenen Therapie erhalte ich von meinen Patienten ab und zu eine Tafel Schokolade. Das ist eine nette kleine Aufmerksamkeit, Trinkgeld wäre mir trotzdem lieber. Dennoch möchte ich keinen anderen Job machen. Ich finde es schön, so viel Zeit mit meinen Patienten zu verbringen. Im Idealfall sehe ich wochenweise, wie es ihnen besser geht, lerne viele Menschen kennen: etwa einen Polizisten, einen Finanzbeamten und eine Pensionistin, die mir ihr Speckknödelrezept gab.

Fünf Minuten Pause habe ich zwischen den Patienten. Natürlich sind dieser getaktete Ablauf und die körperliche und geistige Arbeit anstrengend. Aber ich finde meinen Ausgleich. Für meinen Chef ist es kein Problem, wenn ich meine fünf Wochen Urlaub am Stück nehme, weil auch bei zwei Wochen die Patienten zu einem anderen Therapeuten müssten. Und da ich dreimal wöchentlich halbtags arbeite, habe ich genug Zeit für meine Hobbys.

Nur fünf Minuten Pause hat der Physiotherapeut zwischen den Patienten. Er mag an seinem Beruf, dass er während der Therapie mit den Leuten reden kann, etwa über Speckknödelrezepte.

Für diese geht auch ein Großteil meines Einkommens drauf: Zwar kaufe ich mir nur dann eine neue Ausrüstung, wenn die alte kaputt ist, dennoch gebe ich etwa 2.000 Euro im Jahr dafür aus. Monatlich sind das rund 170 Euro, darunter fallen unter anderem: 37,50 Euro für das sogenannte Freizeitticket, mit dem ich mit allen Bergbahnen in Tirol fahren kann; jeweils drei Euro Mitgliedschaft für meinen Slackline- und Paragleitverein; das Paragleiten kommt auf etwa 25 Euro pro Monat. Darin ist eine Haftpflichtversicherung enthalten, falls ich in einem Feld notlanden muss und dadurch ein Schaden entsteht. Der Rest sind Anschaffungen wie neue Skier oder Wanderschuhe.

Die Fotografie ist ein weiteres teures Hobby von mir, ich mache hauptsächlich Sportfotos. Ich habe eine Ausrüstung im Wert von fast 7.000 Euro, die versichert ist, etwa 20 Euro zahle ich monatlich dafür. In puncto Versicherungen habe ich noch eine Haushaltsversicherung und eine Autoversicherung, die belaufen sich zusammen auf circa 65 Euro im Monat.

Sparsam im Alltag

Abgesehen von meinen Hobbys bin ich sparsam. Ich wohne in einer Wohngemeinschaft mit zwei weiteren Berufstätigen im gleichen Alter und zahle 350 Euro für mein Zimmer, warm und mit Internet. Netflix, Spotify oder Fernsehen haben wir nicht. Ich bin glücklich in der WG, wir kochen viel gemeinsam, die Lebensmittel teilen wir. Ich gehe meist zum Discounter einkaufen und gebe im Monat maximal 200 Euro für Lebensmittel aus, kaufe viel Obst und Gemüse. Wenn ich essen gehe, dann ist das einmal in zwei Monaten. Ich sehe den Sinn dahinter einfach nicht, auch was Ausgehen in eine Bar betrifft. Ich gehe lieber auf eine Homeparty und bringe Bier und einen selbstgebackenen Kuchen mit, da habe ich mehr davon.

Hier in Innsbruck fahre ich ausschließlich mit dem Radl, vor zwei Jahren habe ich das Auto von meinem Opa bekommen. Aber ich fahre im Jahr nur 5.000 Kilometer, wenn ich zum Gardasee fahre oder ins Ötztal zum Klettern. Etwa 1.500 Euro kostet mich das jährlich, meine Mitbewohner zahlen 500 Euro davon und können es mitbenutzen. Und etwa 20 Euro gebe ich im Monat für Kleidung und Körperpflege aus, sowie circa 25 Euro für Weiterbildungskosten.

Ansonsten habe ich kaum Ausgaben, ich wurde sparsam erzogen. Das hat mir auch geholfen, auf mein Geld zu schauen und es bewusst auszugeben. So war das etwa nach der Schule. Statt auf Maturareise zu fahren, habe ich das Geld in die Paragleiterausbildung investiert. Zu wissen, wofür ich mein Geld ausgeben will, hat Vorteile: Ich kann monatlich 150 bis 200 Euro zur Seite legen." (Selina Thaler, 18.4.2018)