Graz – Fahrzeuge sollen autonom agierende Roboter werden, die für die Unversehrtheit der transportierten Menschen garantieren. In ihrer Entwicklung kommt einem Ort eine besondere Bedeutung zu: dem Prüfstand. Reichte es bei konventionellen Fahrzeugen aus, einige Zigtausend Testkilometer zurückzulegen, um eine hohe Verlässlichkeit sicherzustellen, liegt dieser Wert bei autonomen Fahrzeugen bei mehr als 300 Millionen. Sie können von keinem Fahrzeug in einem vernünftigen Zeitrahmen zurückgelegt werden. Der Ausweg: maßgeschneiderte Tests auf Straßen, Prüfständen oder vollkommen virtualisiert, die wesentliche Aspekte validieren.

In der Steiermark liegt – mit den Forschungsaktivitäten rund um den Antriebssystembauer AVL List – ein Schwerpunkt auf der Entwicklung dieser Testmethoden. An der TU Graz wurde kürzlich etwa gemeinsam mit dem Unternehmen ein Christian-Doppler-Labor für "Methoden zur Qualitätssicherung von autonomen cyberphysikalischen Systemen" mit Fokus auf autonomen Fahrzeugen eingerichtet. "Wir hoffen, letztendlich gewisse Garantien geben zu können, dass das Gesamtsystem im Sinne des Benutzers funktioniert", erklärt CD-Laborleiter Franz Wotawa vom Institut für Softwaretechnologie der TU Graz.

Testfallgenerierung

Dazu gehört eine Optimierung der Testsystematik. "Es geht darum, die Techniken der Testfallgenerierung zu verbessern", sagt der Wissenschafter. "Wir wollen Situationen schaffen, die als Test besonders hohe Aussagekraft haben." Für ihn sind Aspekte wie Wetterverhältnisse, Fahrbahnbeschaffenheit oder Kreuzungssituationen "Input-Daten", die es bestmöglich zu kombinieren gilt, um das autonome Fahrzeug auf die Probe zu stellen. Das Ziel: eine bewältigbare Anzahl von Testkonstellationen, die an Prüfständen umgesetzt werden können.

Es gibt mehrere Ansätze, um zu diesen Testfällen zu kommen: "Man kann die Fragestellung als Suchproblem darstellen, nach dem Motto: Finde eine Kombination, in der das Auto besonders knapp an einem Unfall vorbeigeschrammt ist", erklärt Wotawa. "Oder man betrachtet das Problem als Spiel und entwirft einen automatisierten Tester, der versucht, das Auto in eine Situation zu bringen, in der es einen Fehler macht, und es so zu besiegen." Begleitend dazu sollen Maßzahlen gefunden werden, die Auskunft geben, wie gut ein System geprüft, wie hoch die "Sicherheitsgarantie" ist.

Neben der Auswahl des richtigen Tests stellt sich auch die Frage, wie man einen Test mit dem mit Sensorik vollgepackten Fahrzeug am besten umsetzt. An einem Aspekt dieser Frage arbeitet Martin Horn vom Institut für Regelungs- und Automatisierungstechnik der TU Graz mit Wolfgang Bösch vom Institut für Hochfrequenztechnik und Kollegen. Ihr Projekt wurde heuer für den hochdotierten Houskapreis nominiert. Im Fokus stehen dabei die Radarsensoren des Autos und wie man sie am besten mit Simulationsdaten "füttern" kann. Wirtschaftspartner ist ebenfalls die AVL List.

Radarsignale simulieren

Bisher hat man hier mit stark vereinfachten Signalen gearbeitet, die das Inventar einer Simulation – Häuser, Menschen, Autos – repräsentierten. Horn und Kollegen haben dagegen ein System entworfen, das Radarsignale aus der gegebenen Verkehrssituation einer Simulation heraus berechnet. "Es ist wie eine Virtual-Reality-Brille für den Sensor", vergleicht Horn.

Die Signale, die der Radarsensor ausschickt, werden in der Testanordnung dann nicht von der Umgebung reflektiert, um wieder aufgenommen und verarbeitet zu werden, wie das auf der Straße der Fall wäre. Das Echo wird absorbiert, und an seine Stelle treten "falsche" Echosignale, die von einer aufwendigen Elektronik in Echtzeit auf Basis der jeweiligen virtuellen Position des Autos generiert und ausgesendet werden. Der Sensor am Auto nimmt diese Signale dann auf und verarbeitet sie wie die erwarteten Echos. So wird das Fahrzeug über eines seiner wichtigsten Sensoriksysteme nahtlos und detailliert in eine Simulation eingebunden.

In einer ersten Evolutionsstufe ist die Anzahl der Objekte, Häuser, Menschen, die so simuliert werden können, noch beschränkt, räumt Horn ein. "Wir konnten aber beweisen, dass es grundsätzlich machbar ist." (pum, 22.4.2018)