Wien – Zwischen Milben und Menschen besteht nicht gerade ein evolutionäres Naheverhältnis – aber auf eine Parallele sind Wiener Biologen nun doch gestoßen: Auch bei den achtbeinigen Winzlingen gilt: Frühzeitig Erlerntes wird ein Leben lang beherrscht – später im Leben fällt es schon etwas schwerer, sich neues anzueignen.

"Raubmilben sind kleine Spinnentiere, die einen halben Millimeter groß werden und sich von kleinen Insekten, anderen Milben, aber auch Pollen ernähren", sagte Peter Schausberger vom Department für Verhaltensbiologie der Universität Wien. Als Larven verzehren die Tiere die gleiche Nahrung wie in ausgewachsenem Zustand. Mit Kollegen hat Schausberger nun die Lernfähigkeit von Raubmilben der Art Amblyseius swirskii in Jugend und Alter bezüglich ihrer Futterquellen getestet. Die Studie ist im Fachjournal "Royal Society Open Science" erschienen.

Jagdfähigkeiten müssen früh erlernt werden

Wenn sie gleich nach dem Schlüpfen als Larven entweder Spinnmilben oder Fransenflügler (kleine Insekten mit langen Haarfransen an den Flügeln) vorgesetzt bekamen, lernten die Raubmilben, die jeweilige Spezies gut zu fangen. Auch nach mehreren Häutungen und zwei Nymphenstadien waren sie als Erwachsene besser darin, diese zu erbeuten. Kannten sie aber aus ihrer Jugend nur Pollen als Futter, konnten sie sich als erwachsene Milben nicht mehr auf das Fangen einer dieser Arten spezialisieren.

Während die jungen Milben von der Entwicklungsplastizität ihres Gehirns profitierten, das neue Nerven-Verbindungen schafft und vorhandene stärkt, um Neues zu lernen, war dies bei den älteren Milben offensichtlich nicht mehr der Fall, erklärte der Verhaltensbiologe. Es war solchen Tieren nur mehr möglich, ihre kontextuelle Plastizität ausschöpfen, also vorhandene Nervenbahnen zu nutzen, um mit der veränderten Situation zurechtzukommen.

"Sie können dadurch sehr wohl ihr Verhalten ändern, es gibt aber keinen Lerneffekt", so Schausberger. Die Entwicklungsplastizität schaffe hingegen lange andauernde Lernerfolge, auch wenn sie oft erst mit Zeitverzögerung eintritt, weil das neu Aufgenommene erst konsolidiert werden muss.

Ein bisschen Spezialisierung schadet nicht

Die Raubmilben sind zwar Generalisten, was ihre Ernährung betrifft. Trotzdem mache es für sie evolutionsbiologisch Sinn, sich schon von Kindheit an auf eine Lieblingsmahlzeit einzuschießen. "Wenn sie früh im Leben eine bestimmte Beute kennenlernen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass jene auch später in ihrem Lebensraum vorhanden ist", erklärt der Biologe. Sind die Milben gut trainiert, diese zu erbeuten, hätten sie eine höhere biologische Fitness. (APA, red, 19. 4. 2018)