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Während der Skandal um die Weitergabe von persönlichen Daten bei Facebook (Bild) viele EU-Bürger für die Sicherheit ihrer Daten sensibilisiert hat, plant die EU umfangreiche Überwachungsmaßnahmen.

Foto:AP / Andy Tullis

Straßburg– Die EU-Kommission hat ein halbes Jahr nach dem Paket zur Terrorbekämpfung weitere Schritte für mehr Sicherheit präsentiert und sich damit heftige Kritik von Datenschützern eingefangen. Sie sprechen von Alibimaßnahmen, die keine echten Probleme angehen, aber die Situation für unbescholtene EU-Bürger deutlich verschärften. Konkret will die Behörde es unter Bezugnahme auf die Sicherheit erleichtern, länderübergreifend und ohne Amtshilfegesuche auf Daten wie Chat-Protokolle, E-Mails, SMS oder auch Finanzinformationen zuzugreifen.

Außerdem schlägt die Behörde vor, die Sicherheitsmerkmale der Personalausweise von EU-Bürgern und jene der Aufenthaltstitel von Familienangehörigen aus Nicht-EU-Ländern zu verbessern und die beiden Dokumente damit fälschungssicherer zu machen. Derzeit haben geschätzte 80 Millionen Europäer einen nicht maschinenlesbaren Personalausweis ohne biometrische Merkmale. Ziel sei es, die Verwendung gefälschter Dokumente, die auch von Terroristen und Straftätern zur Einreise in die EU genutzt werden können, einzudämmen. Zudem werden die Kontrollen von Feuerwaffen und Ausgangsstoffen für Explosivstoffe verschärft.

Zehn Tage statt mehreren Monaten

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, erklärte, es werde künftig schlichtweg der Zugang von Terroristen zu Instrumenten und Mitteln, die sie für ihre Straftaten brauchen, versperrt. Die Kommission argumentiert, dass es derzeit mehrere Monate dauern kann, an die entsprechenden Daten zu kommen. Zukünftig sollen es nur noch zehn Tage sein.

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos betonte am Dienstag im EU-Parlament, dass damit ein Sicherheitsrahmen geschaffen werde, der den Schutz der Bürger verbessere. Damit komme man einer wirksamen EU-Sicherheitsunion einen Schritt näher. Julian King, Kommissar für die Sicherheitsunion, sagte, indem den Strafverfolgungsbehörden Zugang zu den wichtigsten Finanzdaten gegeben werde, "schließen wir das nächste Schlupfloch, das Terroristen ausnutzen, und treffen sie dort, wo es schmerzt – bei ihren Finanzmitteln".

Logik der staatlichen Zuständigkeit ausgehebelt

Julia Reda, EU-Abgeordnete der deutschen Piratenpartei, übte am Mittwoch im Ö1-"Journal um 8" heftige Kritik. "Ironischerweise" habe sich die EU bisher immer dafür eingesetzt, dass Behörden nicht direkt und über Landesgrenzen hinweg auf Daten von Unternehmen zugreifen dürfen – "und nun wollen wir das in gewisser Weise selbst machen". Man verabschiede sich damit von der Logik, dass Behörden in jenem Land eingeschaltet werden, in dem sich die Daten befinden. Sie nennt etwa Ungarn, dessen Sicherheitsbehörden nach Beschluss des Gesetzesentwurfs ohne Rückfrage bei deutschen oder österreichischen Behörden auf Daten zugreifen dürften, die in diesen beiden Ländern gespeichert sind.

Voraussetzung dafür sei die Festlegung gemeinsamer Sicherheitsstandards in der gesamten EU im Einklang mit den Mindestsicherheitsstandards der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) und die verbindliche Einführung biometrischer Daten in Mitgliedsstaaten, die Personalausweise ausgeben. Die Personalausweise von EU-Bürgern (ab zwölf Jahren) und die Aufenthaltstitel von Familienangehörigen aus Drittländern werden fortan biometrische Daten – Fingerabdrücke und Gesichtsbilder – enthalten, die auf einem Chip in der Karte gespeichert sind. Strengere Sicherheitsvorschriften werden regeln, wer auf die biometrischen Daten zugreifen kann. (mesc, APA, 18.4.2018)