Roman Alonso sagt, in Kalifornien interessiere es niemanden, was man früher gemacht habe. Genau das verleiht ihm die Freiheit, die er für seine Designs braucht.

Foto: Leslie Williamson

Lässigkeit à la Commune: das Ace Hotel in Palm Springs.

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Das Ace Hotel Downton L.A.

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Ganz anders kommen die Entwürfe aus der Leuchtenserie "Commune for Remains Vienna Collection" daher.

Foto: Commune
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Während eines Abendessens mit Freunden in Los Angeles wurde die Idee, ein gemeinsamen Designstudio zu gründen, geboren. Das war 2004. Heute ist Commune eine der angesehensten Designfirmen in Los Angeles, in deren geräumigem Studio in West Hollywood an diesem Nachmittag emsiger Betrieb herrscht. An dem Gemeinschaftstisch, auf dem Computer, Pläne und Musterproben liegen, findet eine Besprechung statt. Weitere Mitarbeiter sitzen an ihren Schreibtischen. Über eine offene Treppe gelangt man in den zweiten Stock. Hier sitzt Roman Alonso an seinem Schreibtisch. Er hat dunkelbraune, fröhliche Augen und trägt einen dunkelbraunen V-Pullover. Hinter ihm hängt eine zugepflasterte Pinnwand. Auf einem der Bilder steht gold auf schwarz "Golden rules of artists collaboration". Das Büro quillt über vor Büchern. An einer Wand lehnt ein riesengroßes gerahmtes Foto eines Cowboys im Sonnenuntergang.

STANDARD: Gibt es eine goldene Regel für die Zusammenarbeit bei Commune?

Roman Alonso: Jeder, der in eines unserer Projekte involviert ist, egal ob Architekt, Innenarchitekt, Grafik-, Produktdesigner oder Bildhauer, hat die gleiche Wichtigkeit. Das Bauhaus war unser Vorbild, daher ist unser Logo auch in Bauhaus-Typografie. Es gibt bei uns keine Hierarchie. Bei der Arbeit sind alle gleichgestellt, und diese partnerschaftliche Beziehung schützen wir.

STANDARD: Ist es das, was auch den Stil von Commune ausmacht?

Alonso: Wir haben keinen bestimmten Stil. Wir finden diesen gemeinsam mit den Kunden. Wir arbeiteten an Häusern im Tudor-Stil, im Kolonial-Stil, an einem Wohnmobil in Malibu und an einer Blockhütte in den Bergen von Santa Anita, wo alles mit einem Esel hinauftransportiert werden muss. Soeben beendeten wir ein Projekt, bei dem es um einen Ski-Club in Jackson Hole ging. Wir schaffen Interieurs, die man als persönlich empfindet, sodass man sich sofort wohlfühlt, ohne genau zu wissen, warum. Es hat mit einem Wiedererkennungseffekt zu tun. Wir mischen verschiedene Zeitperioden und Stile. Die Räume sind nicht dekoriert, sondern bestehen aus verschiedenen Elementen, die aussehen, als wären sie über Jahre gesammelt.

STANDARD: Wie starten Sie Ihre Projekte?

Alonso: Je klarer wir von unseren Kunden wissen, was sie sich vorstellen und wie das Endresultat aussehen soll, desto einfacher ist der Start. Sobald Design, Funktion und Budget festgelegt sind, entstehen daraus viele Parameter, an die wir uns halten müssen. Wenn Künstler in unsere Projekte eingebunden sind, ist es wichtig, dass diese verstehen, dass es sich nicht um eine Auftragsarbeit, sondern um eine Kollaboration handelt.

STANDARD: Wie oft sind Künstler in Ihre Projekte involviert?

Alonso: Ständig! Produktdesign, Geschäfte, Villen und Hotels müssen eine Persönlichkeit ausstrahlen. Künstler hauchen mit ihrer Arbeit jedem Projekt Seele ein.

STANDARD: Mehr denn je setzen Hotels auf Arbeiten von Künstlern.

Alonso: In Japan wohnte ich in Naoshima im Benesse House Hotel. Es verfügt über eine beeindruckende Kunstsammlung, fantastische Arbeiten von Bruce Nauman bis zu Yves Klein. Doch irgendwie hatte ich immer das Gefühl, in einem Museum zu wohnen. Man lebt nicht mit der Kunst, man betrachtet die Kunst. Dieser Platz hat keine Seele. In unserem Ace Hotel Palm Springs gibt es Stühle, die gleichzeitig Skulpturen sind. Dort lebt und interagiert man mit Dingen, die von Künstlern hergestellt wurden.

STANDARD: Wie viel Zeit braucht es, um einem Ort diese Seele einzuhauchen?

Alonso: Wir arbeiteten ungefähr zwei Jahre am Ace Hotel in Palm Springs. Es hat 179 Zimmer. Das Hotel war in den 1950er-Jahren ein Howard Johnsons Motel. Später wurde es ein Westward Hoe Hotel, ein Denny-Restaurant wurde dazugebaut. Viele Jahre war es geschlossen. Als wir es übernahmen, modernisierten wir es und passten es den Ace-Hotel-Kunden an. Es ist uns wichtig, mit Künstlern aus der jeweiligen Gegend an unseren Projekten zu arbeiten. Der Bildhauer Alma Allen lebte zu der Zeit in Joshua Tree. Er war damals ein noch unbekannter Künstler, und wir erarbeiteten mit ihm Tische, Stühle und Skulpturen für das Hotel. Auch designte er einen Griff für die Eingangstüre, der in Bronze gegossen wurde. Viele Künstler wurden durch die Zusammenarbeit mit Commune bekannt und erfolgreich.

STANDARD: Womit kann ein Hotel sonst noch Persönlichkeit ausstrahlen?

Alonso: In diesem Fall liefert die Marke Ace die Persönlichkeit. Diese entstand 1999, als eine Gruppe von Freunden das erste Ace Hotel in Seattle, Oregon, gestaltete. Sie kauften ein altes Gebäude, das der Salvation Army gehörte, und richteten es einfach, aber cool ein, so wie sie ihre eigene Wohnung einrichten würden. Dieser Stil zieht ähnlich gesinnte Gäste an. Ace hat seine eigene Anhängerschaft, es ist eine Kultur. Commune verbindet sich mit dieser Kultur, indem wir mit Künstlern aus der Umgebung zusammenarbeiten. Wir erarbeiten gemeinsam Design- und Architekturlösungen. Egal ob es sich um Geräuschdämpfungen handelt, eine Türe oder Möbelstücke.

STANDARD: Sind die Ace-Anhänger so treu, dass sie immer nur in Ace Hotels wohnen?

Alonso: Ja. Das ist Aces größtes Erfolgsrezept. Dabei schauen die Hotels sehr unterschiedlich aus. Es geht also nicht wie bei anderen Hotels um den Wiedererkennungseffekt.

STANDARD: Sondern?

Alonso: Es ist die Musik, die gespielt wird, oder die Tatsache, dass alles handgeschrieben ist. Auch werden keine teuren Materialien verwendet, sondern Industriewerkstoffe, die durch Design veredelt werden. Das ist sehr "Ace". Ace kennt seine Kunden sehr genau. Überall gibt es Steckdosen, damit man sein Telefon aufladen kann. Die Räume sind bis ins kleineste Detail durchdacht und praktisch konzipiert. Vor allem bei unserem Projekt Ace Hotel Downton L.A., wo die vorgegebenen Räume sehr klein sind, wurde das genau ausgetüftelt.

STANDARD: ine weitere Sehenswürdigkeit, ein großartiges Gebäude aus den 1930er-Jahren ...

Alonso: ... das die Schauspielerin und Filmproduzentin Mary Pickford bauen ließ, mit einem Theater und einem Turm mit Büroräumen, die damals an die Ölfirma Texaco vermietet wurden. Der Turm aus Beton hat eine beeindruckende Fassade im spanisch-gotischen Stil, auch das Theater. Das war vorgegeben. Bei diesem Projekt wurde der Wiener Architekt Rudolph Schindler zu unserer Muse. Das Hotelrestaurant sollte an ein Wiener Kaffeehaus erinnern.

STANDARD: Sie machen Verpackungsdesign für Haarprodukte, Grafik für Geschäfte, designen Besteck und Teppiche. Was ist der Unterschied zwischen Hotel-, Produkt- und Grafikdesign? Wo ist der Commune-Nenner?

Alonso: Wir finden Lösungen. Für uns ist das Design eines Löffels genauso wichtig und spannend wie das Design eines Gebäudes. Bei Produktdesign geht es um Form und Funktion. Bei dem Design eines Hotels geht es darum, ein gesamtes Erlebnis zu schaffen, wobei Grafik- und Produktdesign Teil davon sind. Grafische Gestaltung ist größtenteils zweidimensional und eher informativ.

STANDARD: Commune entwarf auch eine Serie von Leuchten, die "Commune for Remains Vienna Collection". Wien, Schindler, Loos, Wagner – ist das ein roter Faden, der sich durch Commune-Projekte zieht?

Alonso: Ja, diese Epoche ist eine ständige Quelle der Inspiration und Information für uns. Der Stil hat einen gewissen Klassizismus, aber er ist modern und praktisch und daher immer einsetzbar. Richard Neutra und Rudolph Schindler prägten nun einmal auch den modernen kalifornischen Stil. Das spiegelt sich in der Gesamtansicht des Ace Hotels Downtown L.A. wider. Doch man findet dort auch viele Elemente des mexikanischen und marokkanischen Stils. Los Angeles ist ein Schmelztiegel aus verschiedenen Stilen und Designs.

STANDARD: Was genau ist der kalifornische Stil?

Alonso: Es geht um ein kalifornisches Lebensgefühl. Das ist körperlich und echt. Es ist das Wetter, es ist das goldene Licht und die Weite des Landes. Es gibt viel Platz, um zu experimentieren. Hier startetet die Hippie-Bewegung, es war und ist es ein Mekka der Kreativen – von der Architektur, der Musik bis hin zu Fotografie und zum Film. Der kalifornische Stil ist eine Mischung aus all diesen Dingen. In Kalifornien ist alles cooler.

STANDARD: Aber doch nicht cooler als New York?

Alonso: Als ich Ende der 1990er von New York nach Los Angeles übersiedelte, wirkten die gewaltige Natur Kaliforniens, die Berge, die Wüste und das Meer wie eine Befreiung. Nirgendwo stößt das Auge an. Diese Offenheit gibt einem auch die Möglichkeit, sich selbst neu zu erfinden. Die kalifornische Kultur ist stark im Wilden Westen verwurzelt. Hier interessiert es niemanden, was man vorher getan hat. Die Vergangenheit beginnt dort, wo man will. Das verleiht einem große Freiheit. (Cordula Reyer, RONDO Open Haus, 14.7.2018)