Bild nicht mehr verfügbar.

Der Juncker-Vertraute Martin Selmayr sorgt für Aufregung.

Foto: AP/Virginia Mayo

Die Kritik an der umstrittenen Beförderung des Exkabinettschefs und engen Vertrauten von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Martin Selmayr, zum Generalsekretär der Zentralbehörde erreichte am Mittwoch einen neuen Höhepunkt. In einer mit breiter Mehrheit verabschiedeten Entschließung übt das EU-Parlament in Straßburg scharfe Kritik daran, wie der Deutsche vom Kommissarskollegium im Februar auf den höchsten Beamtenposten gehievt wurde.

Wie berichtet war Selmayr in einer Blitzaktion zunächst zum Vizegeneralsekretär, aber nur wenige Minuten später auch gleich zum Generalsekretär ernannt worden. Der Vorgänger Alexander Italianer hatte Juncker erst ganz kurz davor sein offizielles Rücktrittsschreiben geschickt. Die Kommissare wurden völlig überrascht.

Dieses Vorgehen könnte "als Putsch angesehen werden", heißt es wörtlich in dem neunseitigen Papier, das auf einer Untersuchung der Vorgänge durch den Haushaltskontrollausschuss des Parlaments basiert. Die Statuten der Kommission seien "großzügig ausgelegt" worden, "möglicherweise wurde sogar gegen sie verstoßen". Denn: Der Rechtsdienst habe dargelegt, dass es "keine dringende und gravierende Lage" zu einer solchen Blitzaktion gegeben habe.

Keine Rüchtrittsforderung

Dennoch verzichten die Parlamentarier zunächst darauf, den Rücktritt Selmayrs zu verlangen, wie das die Grünen und die Linksfraktion forderten. Eine Rücknahme des Verwaltungsakts sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Aber: Ein Zusatzantrag, wonach die Kommission anerkennen müsse, dass die Vorgänge "ihren Ruf negativ beeinträchtigt haben", wurde angenommen.

Die Kommission und Juncker werden aufgefordert, die Ernennung des Generalsekretärs zu prüfen und Vorschläge zu machen, wie man in Zukunft nur noch "offene und transparente Bewerbungsverfahren" durchführt. Mit der "Einschleusung" von Personen in EU-Institutionen und politisch motivierten Ernennungen müsse Schluss sein. Penibel beschreiben die Prüfer die Abläufe, etwa dass Juncker wie auch Selmayr bereits seit 2015 gewusst hätten, dass Italianer im Frühjahr 2018 vorzeitig zurücktreten wolle, was sie aber allen anderen verschwiegen.

Die Erklärung ist gespickt mit kritischen Bemerkungen, die kaum Zweifel daran lassen, dass man Selmayr zwar formal keinen Strick drehen könne, er aber nicht wirklich über Führungserfahrung für den Job verfüge, etwa weil er zuvor nie als Generalsekretär eine größere Abteilung in der Kommission geleitet habe. Nun ist er für alle rund 33.000 Beamten höchstzuständig. (Thomas Mayer aus Straßburg, 18.4.2018)