Vor allem im Ort Siegen wurden mehrere Personen festgenommen.

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Berlin – Dem neuen deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU) war die Zufriedenheit anzumerken: "Der Bundespolizei ist ein harter und in seinem Ausmaß beispielloser Schlag gegen ein bundesweit verzweigtes Netzwerk der organisierten Kriminalität gelungen", erklärte er am Mittwoch. Hunderte Frauen und Männer seien der "menschenverachtenden grenzenlosen Profitgier von Schleusern" ausgeliefert gewesen. "Diesem skrupellosen Vorgehen und der sexuellen Ausbeutung in einem abscheulichen Ausmaß konnte heute ein Ende gesetzt werden."

Begonnen hatte die größte Razzia in der deutschen Polizeigeschichte in den frühen Morgenstunden. Schwerpunkt war Nordrhein-Westfalen. Räumlichkeiten wurden aber auch in elf weiteren Bundesländern durchsucht. Insgesamt waren an 62 Orten 1.500 Polizisten im Einsatz, darunter auch Spezialkräfte der GSG 9. Sieben dringend Tatverdächtige wurden verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, thailändische Frauen und Transsexuelle mit falschen Visa nach Deutschland geschleust und hier zur Prostitution gezwungen zu haben. Die Zentrale, geführt von einer 59-jährigen Thailänderin, soll sich in Siegen im Bundesland Nordrhein-Westfalen befunden haben.

Rotationsprinzip in Bordellen

Gegen 56 Männer und Frauen wird nach Angaben der Bundespolizei wegen des Verdachts der Schleuserei, Zwangsprostitution, Zuhälterei, des Vorenthaltens und der Veruntreuung von Arbeitsentgelt sowie der Steuerhinterziehung ermittelt. Allein dadurch, dass die Prostituierten nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden seien, sei ein Schaden von 1,6 Millionen Euro entstanden.

In Deutschland sollen die Eingeschleusten, um möglichst wenig aufzufallen, im Rotationsprinzip nahezu im gesamten Bundesgebiet in Bordellen eingesetzt worden sein. "Sie mussten den Erkenntnissen zufolge nahezu einhundert Prozent ihres Arbeitslohns an den jeweiligen Betreiber des Massagestudios abführen, um so den Schleuserlohn abzuarbeiten", heißt es bei der Bundespolizei. Der Lohn soll regelmäßig zwischen 16.000 und 36.000 Euro betragen haben, der Ertrag der verfolgten Gruppierung dürfte im siebenstelligen Bereich liegen. Die Ermittler waren seit Februar 2017 an der Sache dran.

Sie fanden bislang 32 Frauen und Transsexuelle, die nach Deutschland geschleust wurden. "Es geht den Kriminellen nicht um humanitäre Fluchthilfe, sondern um persönliche Bereicherung in Form menschenverachtender Ausbeutung", sagte Polizeipräsident Dieter Romann. (bau, 18.4.2018)