Die Frage, wie lange Jugendliche unterwegs sein dürfen, droht der Knackpunkt zu werden, an dem ein einheitlicher Jugendschutz in Österreich abermals scheitern wird.

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Wien/Linz/Hall – Sie sind zusammengekommen, um eine scheinbare Mammutaufgabe zu stemmen: Donnerstag und Freitag beraten die Landesjugendreferenten in Hall in Tirol über das Ansinnen, den Jugendschutz in Österreich zu vereinheitlichen. Der gleicht aktuell noch einem Fleckerlteppich, da er in jedem der neun Länder eigens geregelt wird. Das hat zur Folge, dass Jugendliche bis 18 hierzulande unterschiedliche Freiheiten genießen. Im Wesentlichen geht es um drei Punkte: Alkohol, Ausgehzeiten und Rauchen.

Zwei Beispiele: Derzeit darf etwa ein 14-Jähriger in Wien, Niederösterreich, Kärnten, dem Burgenland und Tirol bis ein Uhr ausgehen. In Oberösterreich und Vorarlberg darf er bis Mitternacht draußen bleiben, in Salzburg und der Steiermark bis 23 Uhr. Zu Bier und Wein dürfen zwar alle ab 16 greifen, der Konsum von hartem Alkohol ist aber unterschiedlich geregelt.

Einheitlicher Vorschlag der Bundesjugendvertretung

Der Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, geht auf ein Positionspapier der Bundesjugendvertretung (BJV) zurück. Er beinhaltet die Anhebung des Mindestalters für Rauchen auf 18 Jahre – das wurde von den Landesjugendreferenten bereits letztes Jahr beschlossen, aber bis dato noch nicht umgesetzt. Beim Alkoholkonsum soll es eine Differenzierung zwischen den Altersstufen "ab 16" und "ab 18" geben. Harter Alkohol wäre erst ab 18 erlaubt. Was die Ausgehzeiten anbelangt, sollen Jugendliche unter 14 bis 23 Uhr draußen bleiben dürfen, zwischen 14 und 16 Jahren bis ein Uhr. Ab 16 Jahren dürfen sie dann, so lange sie möchten, ausbleiben.

"Die derzeitige Regelung ist ein Chaos", sagt der BJV-Vorsitzende Derai Al Nuaimi. Es sei ein "bürokratischer Kuddelmuddel, in dem man sich nicht auskennt". Jugendliche in Österreich sollten überall die gleichen Rechte haben, meint der Jugendvertreter.

Auch Jugendministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP), die ebenfalls an der Konferenz teilnimmt, unterstützt den Vorschlag der BJV. Ihr kommt bei der Konferenz jedoch nur eine moderierende Rolle zu. Mit 1. Jänner 2019 hätte man gern eine bundesweit einheitliche Regelung, die die Länder bis dorthin beschließen sollen. So nah wie dieses Mal sei man schon lange nicht mehr davor gewesen, sich zu einigen, sagt ein Sprecher der Ministerin zum STANDARD. Man wolle einfach kein Flickwerk mehr haben.

Ein Bundesland schert aus

Dem wird Oberösterreich aber vermutlich einen Strich durch die Rechnung machen. Dem für Jugendschutz zuständigen Landesrat Elmar Podgorschek (FPÖ) geht die Regelung für die Ausgehzeit zu weit. Diese für 14- bis 16-Jährige auf ein Uhr anzuheben sei "ein falsches Signal, gerade jetzt, wo es so viele Attacken auf junge Mädchen gibt", sagt Podgorschek zum STANDARD. Sexuelle Belästigung sei ein Phänomen, das in den letzten Jahren nicht "so latent" gewesen sei wie jetzt. Auch die Drogenhotspots in den Städten, speziell in Linz, seien diesbezüglich ein Problem.

Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), der zwar für das Landesjugendreferat, aber nicht für den Jugendschutz zuständig ist, wäre für eine Harmonisierung des Jugendschutzes zu haben. Aber man respektiere die gegenteilige Position des blauen Koalitionspartners in dieser Angelegenheit, heißt es auf Nachfrage aus Stelzers Büro.

Auch in Tirol war man skeptisch, was die Liberalisierung der Weggehzeiten betrifft. Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP), die auch den Vorsitz der Konferenz führt, ist aber bereit, hier einen Kompromiss einzugehen. "Wir sind optimistisch, dass es nicht an einem Bundesland scheitern wird", sagt ein Sprecher zum STANDARD. Auch für Podgorschek ist eine einheitliche Regelung vorstellbar. Allerdings nur, "wenn wir die anderen Bundesländer zum Nachdenken bewegen können". (Vanessa Gaigg, 19.4.2018)