Die türkische Kultusgemeinde Atib hat jenen Imam suspendiert, der das Nachstellen einer Kriegsschlacht mit Kindern in seiner Moschee zugelassen hatte. Das teilte der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ibrahim Olgun, am Freitag mit. Zudem kündigte er interne Ermittlungen zu den Vorfällen und eine Sitzung des Obersten Rats an. Ein Gespräch mit dem Kultusamt habe es am Freitag ebenfalls bereits gegeben.

Der türkische Verein ATIB hat jenen Imam suspendiert, der das Nachstellen einer Kriegsschlacht mit Kindern in seiner Moschee zugelassen hatte. Zudem wurden interne Ermittlungen angekündigt.
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"Der Imam hatte Mitverantwortung", begründete Olgun das erfolgreiche Ersuchen an Atib, den Geistlichen zu suspendieren. Laut dem IGGÖ-Präsidenten wäre es am Imam gelegen, die türkisch-nationalistische Veranstaltung in seinem Haus zu verhindern. Dieser soll allerdings die für die Nachstellung einer Schlacht aus dem Ersten Weltkrieg in Tarnuniformen posierenden Kinder auch noch gefilmt haben.

Insgesamt verurteilte Olgun, der aufgrund des Vorfalls einen längeren beruflichen Aufenthalt abbrechen musste, die martialische Veranstaltung: "Dieser Vorfall ist ein Skandal und ist nicht mit der Linie der Glaubensgemeinschaft vereinbar." Moscheen seien Orte des Friedens und nicht kriegerischer Aufführungen. Zudem handle es sich um eine Instrumentalisierung von Kindern. "Das Ansehen unserer Gotteshäuser wurde beschädigt."

Interne und externe Prüfung des Vorfalls

Die Verantwortlichen für die Veranstaltung müssen laut Olgun, der selbst Atib-Mitglied war, mit "schweren Folgen" rechnen. Erst einmal ist aber eine außerordentliche Sitzung des Obersten Rats der IGGÖ für Freitagabend anberaumt. Und: "Wir haben ein internes Prüfungsverfahren eingeleitet." Olgun verwies den von der Glaubensgemeinschaft erstellten Kriterienkatalog für Moscheen, erinnerte aber auch daran, noch nicht alle Probleme im Griff zu haben.

Kooperativ zeigt sich der IGGÖ-Präsident auch für die von der Regierung eingeleiteten Ermittlungen. Freitagvormittag habe er bereits ein Treffen im beim Bundeskanzleramt angesiedelten Kultusamt gehabt, das ebenfalls in der Sache ermittelt. Das Gespräch bezeichnete Olgun als gut. Zusammenarbeit werde es mit allen Behörden geben.

ORF-Kameramann angegriffen

Zu einem tätlichen Angriff kam es am Freitag bei ORF-Dreharbeiten in der Nähe des ATIB-Vereinslokals in Wien-Brigittenau. Ein offenbar türkischstämmiger Mann schlug dem Kameramann die Kamera ins Gesicht und trat Reporter Zoran Dobric in den Bauch. Verletzt wurde bei dem Vorfall laut ORF niemand. Die Polizei erstattete dennoch Anzeige gegen den 34-Jährigen bei der Staatsanwaltschaft.

Dobric wollte für das ORF-Magazin "Orientierung" eigentlich im Verein ATIB drehen. Dort sei dem ORF-Team aber "sehr freundlich" beschieden worden, dass dies im Verein nicht möglich sei, aber gerne außerhalb. Daraufhin habe das Team u.a. in einem nahegelegenen öffentlichen Park gefilmt. Zwei offenbar türkischstämmige Männer sahen die Dreharbeiten, einer habe Drohungen in Richtung ORF-Team ausgestoßen – und dann den Kamerateam sowie und Dobric angegriffen, als dieser die Attacke mit seinem Handy aufzunehmen begann.

Der zweite Mann habe versucht, seinen Begleiter abzuhalten. Als es ihm gelungen sei, ihn wegzuziehen, sei dieser im ATIB-Gebetsraum verschwunden. Die von Dobric verständigte Polizei holte diesen Mann aus dem Gebetsraum. Ob er dem Verein ATIB angehört sei nicht bekannt, teilte der ORF der APA mit.

Länder wollen stärkere Beobachtung von Moscheen

Die Jugendreferenten der Länder haben am Freitag nach dem Skandal um Krieg spielende Kinder in einer ATIB-Moschee die stärkere Beobachtung von Moscheen verlangt. Man ersuche, dass "der Verfassungsschutz diese Moscheevereine genauestens beobachtet und seine Erkenntnisse mit den relevanten sicherheits- und sozialpolitischen Stellen der Länder in einem strukturierten Rahmen regelmäßig austauscht".

Das gerade aufgebaute Bundesnetzwerk für Extremismusprävention und Deradikalisierung sollte hierzu als eine zentrale Drehscheibe gestärkt und ausgebaut werden. Ein entsprechender Beschluss wurde laut Angaben des zuständigen Wiener Stadtrats Jürgen Czernohorszky (SPÖ) bei der Landesjugendreferentenkonferenz in Hall in Tirol gefasst. Alle Länder hätten dem Wiener Antrag zugestimmt, bestätigte Tirols Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP) der APA.

"Sowohl die Kinderrechtskonvention als auch das Bundeskinderjugendhilfegesetz sehen den Schutz Minderjähriger vor jedweder Form von Gewalt vor", heißt es in der Begründung des Wiener Antrags weiter. Ein Nachspielen von Krieg, Kriegsverherrlichung, Kinder in Uniformen oder als Leichen sei unerträglich und könne in ganz Österreich nicht akzeptiert werden. Kinder und Jugendliche seien in Österreich entsprechend der geltenden Gesetze zu schützen. (APA, 20.4.2018)