Hamlets toter Vater (Jürgen Heigl) kehrt als Geist wieder und bittet bei seinem Sohn (Jakob Elsenwenger) um Rache für seinen Mord.

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Wien – Von den Frauenrollen bei William Shakespeare ist Ophelia eine der kläglichsten. Der gefühlszarten Tochter des höfischen Oberkämmerers, eine astreine Nebenrolle, obliegen mit den verständlich wenigen Textzeilen nicht gerade die Heuler. "Nein, mein Prinz", "Ja, mein Prinz" , "Was bedeutet dies, mein Prinz" oder "Nein, bester Herr, nur wie Ihr mir befahlt".

Was soll man als 13-jährige Zuseherin davon halten? Thomas Birkmeir hat da in seiner Neufassung für das Theater der Jugend (ab 13 Jahren) schon mehr Drive hineingebracht (in der Inszenierung dann aber wieder herausgenommen). Ophelia (Aline-Sarah Kunisch) kriegt richtige Auszucker ob ihrer vermaledeiten Lage, und doch ist sie das x-fach von ihrem Vater oder jemand anderem von der Bühne gezerrte Opfer, das sich aus Verzweiflung die Arme ritzt.

In einer modernisierten und doch metrisch geformten Sprache unternimmt Birkmeir einen Brückenschlag ins Heute und bleibt dann doch am allermeisten am mühsamen Geschlechtergefälle des Stücks hängen. Denn auch Gertrud (Felicitas Franz) bekommt nicht viel Raum, um ihre Schnellschussehe mit dem Schwager – sei es aus Staatsräson oder purem Egoismus – zu rechtfertigen. Sie steht vor allem viel herum. Diesen Claudius (Jürgen Heigl) wiederum formt Birkmeir als rechtspopulistischen Politiker von heute, der sich einer angstschürenden Rhetorik bedient (" Das Land wird bald nicht mehr unseres sein") und sich in Szene zu setzen versteht.

Mit dieser seiner Politfamilie hat Hamlet (Jakob Elsenwenger), ein düsterer Student in Doc Martens, nichts am Hut. Er ist schlagfertig, mutig und ein Mensch, dessen Gefühlskälte man gut erklärt bekommt, ein tragischer Held wie aus einem Blockbuster-Coming-of-Age-Drama, gemacht zum Verlieben. Seine Liebesbriefe unterzeichnet er frei nach Heiner Müller mit "Deine Maschine Hamlet".

Es kommt auf der von kühlen Eisengittern ausgelegten und von blutroten Samtvorhängen umwehten Bühne des Renaissancetheaters (Bühne: Vanessa Achilles-Broutin), wie es kommen muss. Alle gehen einander auf etwas zähen, weil dramaturgisch allzu verschlungenen Pfaden an den Kragen. Da hatte der Zufall den PR-Manager Polonius (Frank Engelhardt) schon hinweggerafft. (Margarete Affenzeller, 21.4.2018)