Bundeskanzler Sebastian Kurz sagt zu dem "Totenkult mit Kindern" in einer türkischen Moschee in Wien: "Das hat in Österreich keinen Platz. Hier wird es null Toleranz geben." Sein Kanzleramtsminister Gernot Blümel hat ein "Ultimatum" ausgesprochen: Vorfälle aufklären – oder Auflösung.

Konkret hat Blümel das Kultusamt mit einer umfassenden Prüfung aller Atib-Moscheen beauftragt. Aber zunächst wird jene Atib-Unterabteilung geprüft, der die Moschee in der Wiener Dammstraße angehört.

Also findet wohl doch kein "Enthauptungsschlag" gegen die ganze Atib, die größte türkische Vertretung, statt. Doch immerhin steht die Auflösung einer ihrer größten Untervereine im Raum. Wahrscheinlich ist nur ein relativ kleiner Teil der Türken und Türkischstämmigen für Tayyip Erdogans National-Islamismus zu mobilisieren. Aber, wie man im Sommer 2016 anlässlich des Putschversuchs in der Türkei gesehen hat, sind ein paar Tausend wütende junge Männer in Wien blitzartig auf die Straßen zu bringen. Und diese demonstrierten nicht für Demokratie, sondern für das Erdogan-Regime (und gegen Kurden).

Es wird jetzt geprüft, ob "gegen das Islamgesetz verstoßen" wird. Das Islamgesetz ist eine Errungenschaft des damaligen Integrationsstaatssekretärs Sebastian Kurz. Ein wesentlicher Bestandteil ist das Verbot, den "laufenden Betrieb" einer Religionsgemeinschaft vom Ausland aus zu finanzieren. Kenner der Situation sagen, dass das nicht gelungen ist. Inzwischen laufen seit geraumer Zeit diverse Prüfungen der Atib, unter anderem durch die Finanzbehörden. Ergebnis: unbekannt.

Das Islamgesetz fordert eine "positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat". Die in etlichen Imampredigten übliche Abwertung der westlichen Gesellschaft ist das sicher nicht. Aber stellt das Herummarschieren von Kindern in Kampfanzügen und das Bedecken von kleinen "Gefallenen" mit türkischen Fahnen eine "positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat" dar? Man könnte das auch bei manchen Burschenschaften fragen, die wie die Wiener "Albia" deklarieren: "Du sollst den Tod nicht scheuen fürs deutsche Vaterland!"

Aber hier geht es halt um Kinder (und bei den Burschenschaftern um Regierungsmitglieder). Laut Islamgesetz kann der Bundeskanzler der Islamischen Religionsgesellschaft die Rechtspersönlichkeit versagen oder sie aufheben, etwa bei "einer Behinderung der psychischen Entwicklung von Heranwachsenden (...) insbesondere zum Zwecke der Glaubensvermittlung".

Die Regierung muss etwas gegen die Bildung nationalistischer Strukturen tun. Aber sie darf nicht nur ein populistisches Getöse veranstalten und die gemäßigten Türken (Türkischstämmigen) gegen sich aufbringen. Die jetzige Aufregung wird nicht die letzte sein. Das Erdogan-Regime will in seinem Wahn türkisch-nationalistische "Brückenköpfe" in Europa bilden. Die Rechtspopulisten wollen in Wahrheit keine Integration der Muslime.

Mal sehen, wie Kurz und Blümel das handhaben. (Hans Rauscher, 20.4.2018)