Sebastian Kurz (links) hat seinem Finanzminister Hartwig Löger einen Zuwachs an Staatsbeteiligungen beschert.

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Wien – Vermutlich waren die Erwartungen überzogen. Die großen Veränderungen in der Verstaatlichten, die von der frisch angetretenen türkis-blauen Koalition geweckt wurden, sind bis dato ausgeblieben. Der Verbund, größte Stromgesellschaft des Landes, wanderte zwar vom Wirtschafts- ins Finanzministerium; zu einer Bündelung in der Beteiligungsverwaltung führte das bis dato nicht.

Nach der Hauptversammlung am Montag wird der Verbund-Aufsichtsrat unter seinem Präsidenten Gerhard Roiss, Ex-Chef der OMV, in der konstituierenden Sitzung einen Nominierungsausschuss einsetzen. Dieser soll sich mit der Zukunft von Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber (wird im September 63) und Finanzvorstand Peter Kollmann (wird im November 56) beschäftigen und auch klären, ob ihnen ein drittes Vorstandsmitglied beigestellt wird.

Schiefer für mehrere Jobs im Gespräch

Dafür im Gespräch ist unter anderem Heta-Vorstand Arnold Schiefer, Angehöriger der Burschenschaft Teutonia, früher bei der Rail Cargo Austria und seit kurzem Aufsichtsratschef der ÖBB. Schafft es Schiefer nicht in den Verbund-Vorstand, bleibt ihm immer noch der dritte Vorstandsposten in der ÖBB-Holding. Denn Josef Halbmayrs Vertrag läuft demnächst ab.

Und die beiden SPÖ-nahen Verbund-Vorstände der Johann Sereinig, Jahrgang 1952 und Günther Rabensteiner, Jahrgang 1953? Die gehen mit Auslaufen ihrer Verträge 2018 praktischerweise in Pension.

Hinschmeißen oder bleiben

Wiewohl Anzengruber bisweilen laut darüber nachdenkt, alles hinzuschmeißen, geht man in seinem engeren Umfeld davon aus, dass er an der Auseinandersetzung mit Roiss inzwischen Gefallen gefunden hat. Sie entzündete sich zuletzt an der im Frühjahr mit Berater Boston Consulting entwickelten Strategie. Diese sei "zu wenig ambitioniert, zu themenzentriert, zu zaghaft", berichten Insider. Diese Kritik habe sich vor zwei Wochen in einer Sitzung im kleinen Kreis donnerwetterartig entladen – nicht zum ersten Mal.

Dabei ist spannender, was nicht in der themenzentrierten Strategie steht, geht es dabei doch um politisch heiße Materien, die in der Vergangenheit für Zwist mit Landesenergieversorgern gesorgt haben: Expansion ins Ausland durch Erwerb eines Verteilnetzes im Osten oder von Wind- oder Fotovoltaik-Kraftwerken, dazu Stromhandel für Drittanbieter sowie das leidige Thema Privatkundengeschäft, das Verbund-Großkunden und -Aktionäre (EVN, Tiwag, etc) selbst machen wollen.

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Liefert sich ein Match mit Vorstandschef Anzengruber: Aufsichtsratspräsident Gerhard Roiss.
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Damit der Burgfrieden mit EVN & Co hält, werden Themen wie diese vorerst nicht angetastet, die Strategiepräsentation wurde auf Juni vertagt. Im Gegenzug haben sich die Hauptaktionäre darauf verständigt, dass die bis 2020 laufenden Aufsichtsratsmandate unangetastet bleiben, womit selbst rote Urgesteine wie Ex-AK-Direktor Werner Muhm im Verbund-Aufsichtsgremium bleiben. Nur ein Wechsel ist fix: Stefan Szyszkowitz, der im vorigen November Peter Layr als Vorstandssprecher der EVN abgelöst hat, übernimmt von diesem auch das Verbund-Mandat.

Öbib oder doch nicht Öbib

Offen ist auch die Organisationsstruktur, womit das heißeste Eisen genannt ist: Soll die ganze Verbund AG in die staatliche Beteiligungsgesellschaft Öbib bzw. deren Nachfolgerin transferiert werden oder doch nur die Netztochter Austrian Power Grid (APG)? Für eine Abspaltung der APG in die Öbib müsste die Republik drei bis fünf Milliarden Euro in die Hand nehmen, andernfalls würden die Verbund-Aktionäre enteignet.

Wie es weiter geht, liegt in den Händen von Finanzminister Hartwig Löger. Er hat neben Verbund noch eine andere Baustelle: die Beteiligungsverwaltung Öbib. Dort pressiert es inzwischen, im Juni läuft der Vertrag von Öbib-Chefin Martha Oberndorfer aus, für eine Ausschreibung wird die Zeit knapp.

Öbib-Chefin könnte wackeln

In Stellung gebracht wurde für den Öbib-Chefsessel niemand geringerer als Lögers Generalsekretär, Thomas Schmid. Eine Personalauswahl scheint schwierig, solang nicht geklärt ist, ob die Öbib-Geschäftsführung künftig wieder in den Aufsichtsräten ihrer Beteiligungen von OMV über Telekom Austria bis Post und Casinos Austria präsent sein soll, was unter türkis-blauen Auskennern einhellig befürwortet wird.

Bei der OMV, die zu 31,5 Prozent der Republik gehört, wird sich bei der am 22. Mai stattfindenden Hauptversammlung nichts ändern. Unter Aufsichtsratschef Peter Löscher werden auch die SPÖ-nahen Aufsichtsräte Helmut Draxler und Gerlinde Tumpel-Gugerell weiter dienen. (Günther Strobl, Luise Ungerboeck, 22.4.2018)