Mit den Jungen zur Wahl in Salzburg: Die Wähler machten die ÖVP zur stärksten Partei, damit war die über Generationen herrschende schwarze Dominanz im Land wieder konsolidiert.

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Das ist nicht mehr jener Wilfried Haslauer, der am Abend ins Brauwirtshaus "Die Weiße" gehen kann, um sich dort ungestört vom Heer der anderen Gäste an einem Stehtisch zu besprechen. Das ist nicht mehr der vermeintlich ewige Zweite – hinter seinem Vater wie hinter dessen Nachnachnachfolgerin Gabi Burgstaller. Das ist nicht mehr der spröde Finanzskandalgewinnler von der vorgezogenen Landtagswahl 2013. Seit Sonntag ist er dies alles weniger denn je. Und auch das "junior" hinter seinem Namen passt nicht mehr zu ihm. Der Sohn ist angekommen. Wilfried Haslauer hat den Betriebsunfall eines sozialdemokratisch gewendeten Volkspartei-Bundeslandes nachhaltig repariert.

Die Gretchenfrage

Wenn sich nun nach Tirol und Kärnten zum dritten Mal in zwei Monaten auch in Salzburg die parteipolitische Gretchenfrage stellt, kann der Landeshauptmann sie wie seine Kollegen Günther Platter und Peter Kaiser aus einer Position unangefochtener Stärke im Alleingang beantworten. Ob nach fünf Jahren Pause erneut Rot oder erstmals Blau mit Schwarz regieren darf, ist ausschließlich die Entscheidung des Titelverteidigers im Chiemseehof.

Seit Wochen wirkt dieser Koalitionspoker um ungelegte Eier als spannendstes Element in einem Wahlkampf, in dem es eher skurriles Heischen um Aufmerksamkeit gab als Angriffe auf den bald 62-jährigen zehnten Salzburger Landeshauptmann der Zweiten Republik. Seine grüne Stellvertreterin Astrid Rössler ließ sich erst als "keine Politikerin" plakatieren, um dann mit "Heimat beschützen" zwischen Kindern in Tracht aufzutreten. Die blaue Spitzenkandidatin Marlene Svazek hat unterdessen den abgewandelten Manner-Slogan "... mag man eben" wieder abmontiert.

Verhaltensauffälligkeiten

Doch nicht nur die Verhaltensauffälligkeiten der beiden Damen sprechen für den anderen Herrn in der Koalitionsfrage. Walter Steidl hat die SPÖ zwar nur knapp und mit deutlichen Verlusten auf den zweiten Platz geführt, erscheint aber im Naturell geradezu prädestiniert für die Nummer zwei hinter dem ersten Bürger Haslauer. Gegen diese rote Kür im Land sprechen allerdings einige außenpolitische Überlegungen. Mit Svazek, der Generalsekretärin der FPÖ, wäre der Draht zum Bund doppelt gespannt. Mit Rössler hätte die Westachse zu Tirol und Vorarlberg – zumindest bis zur dortigen Wahl 2019 – durchgehend schwarz-grün bleiben können. Doch das ginge sich nun wie schon 2013 nur mit Hilfe von Dritten aus. Die erste Regierungsstunde der Neos?

Schwarz-Blau hingegen verspräche noch mehr Nähe zum derart schon 2015 gewendeten guten Nachbarn Oberösterreich. Schwarz-Rot indessen wäre die Umkehrung der rot-schwarzen Neubesinnung in Kärnten, dockte sowohl dort wie in der Steiermark an und hätte den größten föderalen Effekt gegenüber der türkis-blauen Bundesregierung. Mangelndes Selbstbewusstsein gegenüber der Kurz-Partie wird Haslauer jedoch nicht zeigen. Ungeachtet seines zurückhaltenden Naturells hat er das schwarze Beharrungsvermögen gegenüber türkisen Jungspunden schon mehrfach gezeigt. Dazu kommt die landes- und besonders stadtspezifische Besonderheit Salzburgs im Konzert der Regionen und Kommunen. Hier gab es – neben Kärnten – nicht nur die häufigsten Landeshauptleutewechsel.

Land und Bund

Von hier kam der einzige ÖVP-Alleinregierungschef Josef Klaus. Der letzte Landeshauptmann, der auch Bundeskanzler wurde, war allerdings ein gebürtiger Kärntner, sein Nachfolger Hans Lechner ein Steirer. Erst Wilfried Haslauer sen. durchbrach als autochthoner Salzburger 1977 eine seit 1949 währende Abfolge der "Zuagroasten", die nach Hans Katschthaler durch die Oberösterreicher Franz Schausberger und Gabi Burgstaller fortgesetzt wurde. Die vergleichsweise Offenheit entspricht dem Fast-Metropole-Selbstwertgefühl am erzbischöflichen Sitz zwischen Wien und München. Hätte Österreich sich nach dem Krieg wie Deutschland entwickelt, wäre Salzburg seine Hauptstadt. Ein Bonn-Bon, der ebenso für das ständige Standhalten wider Wien spricht, wie es das Salzburger Programm der Österreichischen Volkspartei nahezu ab Beginn der Kreisky-Ära vorsah.

Ohne Proporz

Historisch gegen eine Koalition mit der FPÖ spricht auch, dass hier vor der Wahl 1999 der Proporz auch abgeschafft wurde, um die auf fast 20 Prozent gewachsenen Blauen nicht mehr mit zwei Landesräten in der Regierung zu haben. Eine Verantwortung, die sie dort nicht zurückgestutzt hat, sondern vor dem Jahrtausendwechsel sogar nochmals zulegen ließ.

Die Zitterpartie für die Grünen, die in der Salzburger Bürgerliste einen ihrer österreichischen Ursprünge haben, ist mit dem Wahlabend in Salzburg aber nicht vorbei. Dort sind sie an der Pflicht einer rechnerisch möglichen Zweierkoalition gescheitert. Die Kür wird nun eine Frage des Preises, den Rot oder Blau an Haslauer fürs Mitmachen zu zahlen bereit sind.

Doch in Innsbruck steht nach der Gemeinderatswahl erst fest, welche von fünf schwachen Anwärterlisten nun die stärkste ist. Es ist noch nicht einmal klar, wer die hier besonders komplizierten Koalitionsverhandlungen führen wird. Zuletzt verbannte Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer ausgerechnet die stärkste Liste ÖVP in die Opposition – um sie dann später in eine Viererpartnerschaft einzubauen.

Grün ist die Farbe der Hoffnung. Sie lebt am Inn bis zur Bürgermeisterstichwahl am 6. Mai.(Peter Plaikner, 22.4.2018)