Wien – Wenn es um Macht und Geld geht, ziehen die Landeshauptleute üblicherweise an einem Strang – egal ob sie rot oder schwarz sind. In den nächsten Monaten stehen nun eine Reihe an Vorhaben der türkis-blauen Regierung auf der Agenda, Konflikte mit den Landesfürsten sind vorprogrammiert.

Der frisch wiedergewählte Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) deponierte am Montag auf Ö1 bereits, dass der Bund nicht "auf Kosten der Länder" Reformen durchführen könne, ein "einseitiges Diktat" werde man keinesfalls akzeptieren.

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Ein Überblick über die anstehenden heißen Eisen, die vor und nach der EU-Ratspräsidentschaft, die Österreich mit Juli übernimmt, anstehen:

Sozialversicherung Noch im Mai soll ein Ministerratsbeschluss zur Zusammenlegung der 22 Sozialversicherungsträger auf "maximal fünf" erfolgen. Fix ist: Aus neun Gebietskrankenkassen wird eine, Bauern und Selbstständige werden fusioniert. Strittig ist vor allem, dass der Bund stärker mitreden will. Derzeit werden die Kassengremien allein von den Sozialpartnern, also Arbeiter- und Wirtschaftskammer, beschickt. Aber auch die Länder, die für die Spitäler zuständig sind, spielen eine zentrale Rolle bei der Planung im Gesundheitssystem. Länder und Krankenkassen haben daher bereits lautstark vor einer Entmachtung gewarnt und reklamieren Budgethoheit.

Bundesstaatsreform Justizminister Josef Moser (VP) hat angekündigt, bei der nächsten Landeshauptleutekonferenz (16./17. Mai) einen ersten Vorschlag zur "Entwirrung" des Förderalismus vorzulegen. Laut Koalitionspakt sollen Kompetenzen zwischen Bund und Ländern klar aufgeteilt werden. Materien, bei denen der Bund Grundsatzgesetze und die Länder Ausführungsgesetze erlassen, sollen der Vergangenheit angehören. Das Paradoxe daran: Bei der Mindestsicherung hatte der Bund zuletzt mit einem ebensolchen Grundsatzgesetz gedroht, sollten sich die Länder nicht einigen.

Mindestsicherung Die Länder haben aber zuletzt angekündigt, noch einen Versuch für eine einheitliche Mindestsicherung zu starten. Bis Ende Juni wollen sie Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) ein bis zwei Vorschläge unterbreiten.

Vier Landtagswahlen gab es in diesem Jahr – und bei allen vier haben die amtierenden Landeshauptleute überlegen gewonnen. Zuletzt der Salzburger ÖVP-Chef Wilfried Haslauer – mit einem Plus von fast neun Prozent.
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Arbeitsmarkt Das Thema Mindestsicherung hat aber auch Auswirkungen auf den Komplex Arbeitsmarkt. Laut Regierungsprogramm soll die bisherige Notstandshilfe abgeschafft werden. Nach dem Arbeitslosengeld bekäme man nur mehr Mindestsicherung. Offen ist nicht nur, wann auf Vermögen von bisherigen Notstandshilfebeziehern zugegriffen werden soll, sondern auch, wie die Kostenfrage geklärt werden soll. Denn: Die Notstandshilfe wird vom AMS bezahlt, die Mindestsicherung bisher von den Ländern. Darüber hinaus ist auch eine Reform der AMS-Strukturen Thema. Bis Ende Juni sollen die AMS-Vorstände selbst Vorschläge machen. Ein größeres Arbeitsmarktpaket soll dann im Herbst beschlossen werden.

ORF Bei der Medienenquete Anfang Juni ist ein steuerfinanzierter ORF Thema. Das ist für die Länder insofern brisant, weil aktuell ein Teil der Gebühren in ihr Budget fließt.

Pflege Juni ist auch beim Pflegethema Deadline. Wie berichtet streiten Bund und Länder um die Kosten für die Abschaffung des Pflegeregresses. Der Bund hat 100 Millionen zugesagt, die Länder rechnen mit bis zu 600 Millionen Mehrkosten. Laut Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker hat Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) zuletzt im Budgetausschuss aber eingeräumt, dass ohnehin für rund 500 Millionen Euro im Budget Vorsorge getroffen wurde.

Abgabenhoheit Schon im letzten Finanzausgleich wurde vereinbart, dass eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Ländern eingesetzt werden soll, die sich mit der Abgabenautonomie der Länder beschäftigen soll. Bis jetzt hat sie aber nicht getagt.

Kammern Auf die Kammern übt die Bundesregierung indirekt Druck aus. Bis Ende Juni müssen sie "konkrete Effizienzsteigerungen und finanzielle Entlastungsmaßnahmen" vorlegen. Ansonsten werde man zu gesetzlichen Maßnahmen greifen. (Marie-Theres Egyed, Günther Oswald, 24.4.2018)