Bawag-Chef Anas Abuzaakouk (li.) und Börsenchef Christoph Boschan läuteten im Vorjahr den Börsengang der Bank ein. Der Kurs der Aktie fiel seither unter den Ausgabewert, Abuzaakouks Vergütung hingegen schoss mit dem Schritt empor.

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Sind die Zeiten der exzessiven Gagen- und Bonisteigerungen im Spitzenmanagement vorbei? In Österreich deutet einiges darauf hin. Am Dienstag hat die deutsche HKP-Group eine Analyse zu der Entwicklung der Managementbezüge in den großen börsennotierten österreichischen Unternehmen veröffentlicht. Nach einer Periode der Stagnation sind die Topbezüge zuletzt zwar gestiegen, die großen Sprünge, so wie vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise, gab es in den vergangenen Jahren aber nicht.

Doch eine große Ausnahme von diesem Befund gibt es: die Bawag. Der Vorstandsvorsitzende der Bank rangiert unangefochten an der Spitzenposition im Ranking. Anas Abuzaakouk hat im vergangenen Jahr 14,1 Millionen Euro verdient, so die HKP-Group, die auf Unternehmensberatung spezialisiert ist. Das ist ein für österreichische Unternehmen ungewöhnlich hoher Betrag.

Abuzaakouk verdiente mehr als dreimal so viel wie der zweit platzierte Manager im Ranking. Er bekam aber auch deutlich mehr als andere Bankchefs in Österreich. Zum Vergleich: Andreas Treichl, Vorstandsvorsitzender der Erste Bank, des größten heimischen Kreditinstituts, bekam drei Millionen Euro. Weshalb verdiente Abu zaakouk also so viel mehr?

Die Antwort liegt in den Augen der Experten in der Eigentümerstruktur der Bawag. Die einstige Gewerkschaftsbank gehört heute mehrheitlich den US-Hedgefonds Cerberus Capital Management und Golden Tree Asset Management. Diese Fonds kontrollieren über 60 Prozent der Anteile. Über ihre Dominanz legen sie via Aufsichtsrat die Managementbezüge fest. "Der Fall Bawag zeigt, was passiert, wenn die Entscheidung über die Höhe der Gehälter in der Hand weniger Finanzinvestoren liegt", sagt Jennifer Schulz, Analystin bei der HKP-Group.

Aktien als Bonus

Die Bezüge in der Vorstands etage der Bawag haben zuletzt immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Neben dem Grundgehalt für die Vorstände verfügt die Bank nämlich auch über ein lukratives Boniprogramm. So bekamen die Bawag-Vorstände im vergangenen Jahr als Bonus Aktien zugeteilt. Im Falle von CEO Abuzaakouk entsprach der Wert der ihm zugewiesenen Papiere 10,75 Millionen Euro. Sein Fixgehalt lag bei 3,3 Millionen – das ergibt zusammen seinen Bezug von 14,1 Millionen.

Wie sich dieses Verhältnis mit dem Umstand vereinbaren lässt, dass die Boni von Bankmanagern nach geltender Rechtslage nicht mehr als das Zweifache des Fix gehalts betragen dürfen, konnte bis Redaktionsschluss nicht geklärt werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) beaufsichtigt die Bawag, dort gab es aber auf Anfrage keine Erklärung zu den Zahlen. Die Bawag wollte sich zu Fragen der Vergütung gar nicht äußern.

Die Analystin Schulz von der HKP-Group kritisiert, dass aus den veröffentlichten Berichten der früheren Gewerkschaftsbank nicht klar hervorgeht, für welche Leistung die Managementboni überhaupt gewährt werden. Sie spricht von mangelnder Trans parenz. Das sei aus Sicht der privaten Aktionäre bei der Bank problematisch. Die Bawag hat im vergangenen Jahr den Börsengang gewagt. Neben den US-Hedgefonds sind am Institut inzwischen auch zahlreiche Privatanleger beteiligt.

Der Anlegervertreter Wilhelm Rasinger sieht die Entwicklung aus Sicht der Aktionäre weniger problematisch. Die Bawag habe beim Börsengang offengelegt, wie viel das Management bekommt. Die hohe Vergütung sei kein Geheimnis gewesen.

Er sieht die Entwicklung aus Sicht der Sparer kritisch. Diese werden mit niedrigen Zinsen abgespeist, während die Vorstandsgagen bei der Bawag sprunghaft angestiegen sind, so Rasinger.

Grenze für Boni

Über eine Begrenzung der Managerboni im Finanzsektor wurde nach Ausbruch der Wirtschaftskrise heftig diskutiert. Wenn die Höhe der Boni davon abhängt, wie sich Gewinn und Aktienkurs eines Unternehmens entwickeln, verleite das Manager dazu, riskante Investments zu tätigen. Dies führe zu Fehlanreizen.

So wurde in der EU festgelegt, dass Boni nicht auf einmal, sondern im Regelfall über mehrere Jahre ausbezahlt werden müssen. Dies soll gewährleisten, dass sich ein Unternehmen nachhaltig gut entwickelt und das Management nicht nur kurzzeitig Aktienkurse in die Höhe treibt.

Der Fall Bawag zeige nun aber, dass eine effektive Begrenzung bei den Managerbezügen nicht gelungen ist, kommentierte die finanzmarktkritische NGO Attac die Zahlen.

Aus österreichischen Aufseherkreisen ist zu hören, dass sich die US-Haupteigentümer der Bank um österreichische Befindlichkeiten bei Vorstandsbezügen wenig kümmern. Wer die Investoren aus Übersee im heimischen Bankensektor haben will, müsse mit den im Vergleich sehr hohen Gagen leben.

Dabei hat die HKP-Group nur einen Teil der Gehälter des Bawag-Managements analysiert. Die Bank hat im Rahmen ihres Börsenganges 2017 auch ein umfassendes Sonderprogramm aufgelegt. In dessen Rahmen wurden dem Vorstand und einigen Spitzenmanagern von den Eigentümern des Kreditinstituts, also nicht der Bank selbst, Aktienoptionen zur Verfügung gestellt.

Lukrative Optionen

Der Personenkreis musste die Optionen erwerben und hat dafür 17,5 Millionen Euro gezahlt. Je nachdem, wie stark der Börsenkurs der Bawag in den kommenden Monaten steigt, haben die Manager Anspruch auf Aktien als zusätzliche Vergütung. In der maximalen Variante, wenn der Aktienkurs der Bawag 50,5 Euro erreicht, beliefe sich der Wert der Papiere auf 113 Millionen Euro. Aktuell steht der Bawag-Aktienkurs bei 44 Euro.

Solche Programme rufen Kritiker auch deshalb auf den Plan, weil die Eigentümer der Bawag in den vergangenen Jahren einen strikten Sparkurs gefahren haben, Personal wurde abgebaut. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Bawag einen Gewinn von 517 Millionen Euro, was einem Plus von 12,3 Prozent entspricht.

Im Februar dieses Jahres hat die Bawag ein neues Bonusprogramm auf Schiene gebracht. Für dieses langfristige "Incentivierungsprogramm" hat die Bank bereits 55 Millionen Euro zurückgelegt. Gelingt dem Institut über die kommenden drei Jahre bis 2020 eine Gewinnsteigerung von im Durchschnitt fünf Prozent pro Jahr, bekommt die Führungsetage die 55 Millionen ausgezahlt. Spekuliert wird, dass der Aktienpreis in die Höhe getrieben werden soll, um den US-Fonds einen lukrativen Verkauf ihrer Anteile zu ermöglichen. (András Szigetvari, 24.4.2018)