Christian Struppecks nächste Großproduktion: "Bodyguard".


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Wien – Man darf sich Christian Struppeck als fröhlichen Zeitgenossen vorstellen. Sein Vertrag als Wiener Musicalintendant wurde um fünf Jahre (bis 2025) verlängert. I am from Austria, basierend auf Hits von Rainhard Fendrich, läuft exzellent und (im Ronacher) noch eine sehr lange Zeit. "Es war wie ein Lottogewinn: eine neue, eigenproduzierte Show im großen Haus – zudem ein Erfolg!"

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Trotz der Hits sei dies nicht selbstverständlich. In Wahrheit gäbe es "erheblichen Druck, mit Songs zu arbeiten, die jeder kennt. Und Fendrich musste auch erst mal überzeugt werden, sich auf das Projekt einzulassen. Wie einst Udo Jürgens bei Ich war noch niemals in New York."

Mit beiden Produktionen schwimmt Wien auf der Welle der sogenannten Jukebox-Musicals. Es gibt aktuell auch On Your Feet!, ein Stück über Sängerin Gloria Estefan. Struppeck nennt auch "ein Donna-Summer-Musical und eines über Tina Turner. Und es kommt ein Cher-Musical."

Ein dominanter Trend sei das nicht, es gebe das alles parallel: "Stücke, die fast Schauspiele sind, Rap-Musicals, klassische Musicals und solche, die auf Filmen und Büchern basieren. Letztere werden rarer. Die meisten großen Filme und Bücher wurden verarbeitet. Es kommt aber Pretty Woman in New York, und Elton John schreibt Musik zu Der Teufel trägt Prada."

Das Risiko ist Konzept

In diese Kategorie der "Filmicals" fällt auch Bodyguard, das ab 27. September als nächste Großproduktion (im Ronacher) gezeigt wird. Auch hier will Struppeck nichts von programmiertem Erfolg hören. "Es gibt keine sicheren Sachen, es ist immer Risiko. Ja, das Stück ist zwar in elf Ländern gespielt worden, der Film war einer der erfolgreichsten aller Zeiten. Es sind auch mehr Songs enthalten, die durch Houston bekannt wurden, als im Film."

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Dennoch keine Euphorie. Struppeck mag da an den Beginn seiner Intendanz denken, an Natürlich Blond. Als Film ein Hit, als englischsprachiges Musical ein Knüller. In der deutschsprachigen Version dann allerdings im Ronacher ein gewichtiger Beitrag zum Intendantenkopfweh.

"Unser grundsätzliches Konzept besteht aus großen Stücken mit einer Laufzeit von einem Jahr. Das ist das Ökonomischste. Viele sagen, man solle doch fünf Stücke pro Spielzeit zeigen. In Wahrheit ist das aber teurer – auch wegen der Schließzeiten. Man bekommt vom Lizenzgeber auch nicht die großen Titel, wenn man zu kurz spielt."

Mit dem Konzept aber landet Struppeck immer ein bisschen im Musicalkasino: "Natürlich ist das Risiko höher, wenn man nicht Stücke öfter wechseln kann. 250.000 Besucher muss man schon anlocken, wir bewegen uns immer auf dünnem Eis. Wenn beide Shows immer komplett ausverkauft sind, geht es sich momentan wahrscheinlich irgendwie aus. Dies ist aber keine gute Planungslage." Ein Problem. Trotzdem muss der Appetit auf den Intendantenjob bei Struppeck erheblich gewesen sein. Andernfalls hätte sich der 49-jährige Deutsche nicht neuerlich auf ein Bewerbungsabenteuer eingelassen.

"Ich habe den ganzen Prozess abermals durchgemacht, der Posten wurde ja ausgeschrieben. Zuerst war es schon komisch, sich für den eigenen Job zu bewerben. Aber als es losging, fand ich es gut, das Konzept auszuargumentieren. Es war gut, noch einmal darzulegen, warum ich das alles machen wollte und sollte. Die Verantwortlichen haben das seriös beurteilt. Es war keinesfalls so, dass es nur pro forma war und ich durchgewinkt wurde."

Wird stimmen. Die Stadt Wien hat ernsthaft auch nach einem neuen Wunderwuzzi gesucht, der Musical und Oper hätte managen sollen. Unter seiner Obhut wären Raimund Theater, Ronacher und Theater an der Wien gestanden. Aber Wunschkandidat Barrie Kosky, Intendant der Komischen Oper Berlin, habe abgewinkt, war zu hören. Verständlich.

Das jetzige Trennmodell, das auf der Muscalseite den Kampf um Stücke und Lizenzvergaben vorsieht, ist ein Fulltimejob. Es gilt ja auch, so Struppeck, Produktionen international weiterzuverkaufen – vielleicht Schikaneder an den Broadway.

Man verhandelt "mit einem sehr bekannten Produzenten, dessen Name besser noch ungenannt bleibt, sonst verliert er womöglich das Interesse." Es ginge dabei "nicht nur ums Geld", so Struppeck. "Es geht auch um das Adaptieren des Stoffes, es geht um die Frage, ob man sich gut versteht. Dieser Produzent schaut genau, ob er gehört wird oder ob er gegen eine Wand redet."

Viele Angebote in Prüfung

All dies ist üblich in der Branche: "Man kann nicht einfach einen Titel wie im Supermarkt kaufen! Man wird geprüft. Wenn wir ein Stück lizenzieren, schauen wir uns auch dreimal an, wer das machen will."

Wird es wieder ein Jukebox-Stück mit Austropop-Einschlag geben? "Kann sein, dass wir etwas Ähnliches machen, aber nicht als nächste Uraufführung. Vorschläge bekommen wir ja viele. Es sind so zwei bis drei pro Woche. Wir schauen uns alles an." (Ljubiša Tošić, 25.4.2018)