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Außenverteidiger Stefan Lainer lehnt Stillstand strikt ab, der Meister möchte sich permanent weiterentwickeln.

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Vater Leo Lainer hat auf seinen Sohn keinen Druck ausgeübt. "Er wollte alles selbst."

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Salzburg – Stefan Lainer schwimmt seit Monaten auf einer Welle. Fußballspiele gewinnen, trainieren, regenerieren, Fußballspiele gewinnen, ausgiebig regenerieren. Zeit zum Nachdenken hat der 25-Jährige keine, obwohl er prinzipiell viel von Geistesarbeit und Reflexion hält. "Aber momentan geht es nur darum, dass du von der Welle nicht abgeworfen wirst und dieser schöne Zustand anhält." Der rechte Außenverteidiger von Red Bull Salzburg dachte eigentlich, der Aufstieg gegen Borussia Dortmund sei nicht mehr zu toppen. Ein Irrtum. Es folgte im Viertelfinale Lazio Rom, 2:4 im Hinspiel, 4:1 in Salzburg, Lainer köpfelte das vierte Tor. "Eine emotionale Steigerung."Am Donnerstag steigt in Marseille das erste Halbfinale der Europa League gegen Olympique. Was für den Finaleinzug spricht? "Das will ich offenlassen. Es gibt ebenso viele Argumente dafür wie dagegen."

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Der Apfel ist jenes Obst, das nicht weit vom Stamm fällt. Bei den Lainers pickt die Frucht quasi am Baum. Papa Leo, mittlerweile 57, war Rechtsverteidiger. Sohn Stefan ist Rechtsverteidiger. Beide messen 1,75 Meter. Leo hat in den Achtzigern und Neunzigern acht österreichische Meistertitel gesammelt, je drei mit Austria Salzburg und Rapid, zwei mit Tirol. Er bestritt zwei Europacupendspiele, wurde 28-mal ins Nationalteam berufen. Stefan (bisher vier Länderspiele) sagt: "Es ist schwierig, die Erfolge meines Vaters und Vorbildes zu übertreffen."

Seekirchen im Salzburgerland vor rund 20 Jahren: Stefan war eines jener Kinder, die den Ball partout nicht hergeben wollten. Der Vater hat die Begabung und den Ehrgeiz erkannt, zum STANDARD sagt er Ende April 2018: "Ich musste nicht viel tun, er spürte es, wollte es, ging ganz gerade seinen Weg." Leo Lainer glaubt, "dass es heute leichter ist, es zu schaffen. Zu meiner Zeit war ein Auslandstransfer fast ausgeschlossen, der Markt hat sich geöffnet. Die Methodik ist besser, es wird mit weit mehr Qualität trainiert, wir wurden noch fitgespritzt." Wobei ihn der Neid sicher nicht frisst. "Ich hatte eine schöne Karriere."

Stefan hat eine, steckt mittendrin. SV Seekirchen war der Anfang, es folgten Nachwuchs Red Bull Salzburg, Red Bull Juniors, Grödig, Liefering, Ried, 2015 Fixvertrag bei Red Bull Salzburg. Bis 2022 hat er sich gebunden, er fühlt sich pudelwohl, Abwanderungsgelüste überlässt er anderen. Sein Marktwert wird auf rund fünf Millionen Euro geschätzt. "Es müsste schon ein großer Kracher daherkommen. So viele Mannschaften gibt es nicht, die das Halbfinale der Europa League erreichen." Gut, Real Madrid wäre schon eine Traumadresse, allerdings ist er sich durchaus bewusst, "dass Real Madrid nicht von mir träumt".

Leitsätze

Er lebt und kickt nach Prinzipien, Leitsätzen: "Du musst dich weiterentwickeln, das Beste abrufen. Du musst es selbst wollen. Stillstand ist schlecht. Sei nie zufrieden, es gibt stets Luft nach oben. Als Mensch und als Fußballer." Mag sein, sagt er, "dass mir der Wille, die Laufstärke, die Überzeugung in die Wiege gelegt worden sind". Oliver Glasner ist der Trainer gewesen, der ihn geprägt hat. "Was er draufhat, sieht man ja beim LASK." Sein aktueller Vorgesetzter ist Marco Rose, der den Klub auf die nächste Stufe gehievt hat. "Es ist fantastisch, wie er uns einstellt, wie er den Kader bei Laune hält und uns die richtigen Dinge vermittelt." Die Mannschaft sei eine "gefestigte Einheit. Alle ziehen an einem Strang, wir sind hungrig, Tiefschläge werden weggesteckt. Es gibt Gott sei Dank kaum welche." Rose lobt seinen Schützling, der in dieser Saison 48 Pflichtpartien bestritten hat. "Er ist ein sehr verlässlicher Führungsspieler, der bereit ist, an sich zu arbeiten, sich nochmals weiterentwickelt hat."

Leo Lainer gehört dem Trainerstab der U16 an. Mit Stefan kommuniziert er vor jedem Match. "Obwohl er keine guten Tipps von mir braucht." Stefan hat eine kaufmännische Lehre abgeschlossen, die Matura nachgeholt "Da war meine Frau dahinter." Schwester Franziska kickte in der Bundesliga, ein Kreuzbandriss beendete das Hobby. Der Bruder fliegt gespannt und zuversichtlich nach Marseille. So außer Reichweite ist die Titelsammlung seines Vaters vielleicht gar nicht. "Vor allem dann, wenn ich immer in Salzburg bleibe." Aber darüber zerbreche er sich nicht den Kopf. "Ich schwimme lieber auf der Welle." (Christian Hackl, 25.4.2018)