Regisseur Karl Baratta hat die Bühne auf ein paar Stühle, Tische und Projektionen im Hintergrund reduziert.

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Wien – An den ersten beiden Erzählabenden von Badluck (2016 und 2017) erzählten im Wiener Theater Hamakom Geflüchtete aus Syrien, dem Irak, Iran und Afghanistan aus ihrem früheren Leben. Sie litten unter Krieg oder Diktaturen. Die aktuell dritte Ausgabe Badluck reloaded handelt vom Ankommen in Österreich. Die eineinhalb Stunden variieren das bisherige Rezept des Abends insofern, als die Darsteller nicht mehr ihre eigenen Lebensgeschichten vortragen. Die Auftretenden sind Schauspieler und spielen Szenen.

Authentisches Material

Das ist erst einmal schade, weil dem Abend so eine Authentizität fehlt, die sich bisher an der konkreten Person und ihren Erlebnissen festgemacht hat. Das hob die Produktionen hervor. Aus Datenschutzgründen ist der jetzige Ansatz aber notwendig. Jede Zweite der kurzen Szenen (Regie: Karl Baratta) ist eine Asylanhörung. Sie basieren auf wortgetreuen und anonymisierten Abschriften aus einem abgeschlossenen oder noch laufenden Verfahren.

Es geht in diesen darum, die jeweils vorgebrachten Fluchtgründe zu prüfen. Die Interviewer versuchen durch Nach- und Fangfragen, die Asylwerber in Widersprüche zu verwickeln und logische Inkonsistenzen aufzudecken. "Werden Sie bitte konkreter", lautet einer ihrer liebsten Sätze, wenn es um Vergewaltigungen, Missbrauch, Gewalt oder Familie geht. Asylverfahren ähneln einem Stochern im Dunkeln. Eine immer wiederkehrende Phrase lautet "nach maßgeblicher Wahrscheinlichkeit". Man möchte nicht mit den Interviewten tauschen, aber auch nicht mit denen, die über sie entscheiden müssen.

Medienbilder

Was erleben Geflüchtete in Österreich? Was beim Gang durch die Institutionen? Die Produktion zeigt die Geschichten jener Menschen, von denen wir normalerweise nur Medienbilder kennen. Und sie zeigt, wie die Geflüchteten uns Einheimische erleben.

In einem Club lernt Alaedin ein Mädchen kennen. "Aladin wie aus dem Film?", fragt sie nach seinem Namen. Ob er ein Flüchtling sei? Er weiß genau, dass vor ein paar Wochen draußen auf dem Nestroyplatz eine Familie von einem nach Österreich geflüchteten Afghanen mit einem Messer attackiert wurde. Und auch sie weiß das.

Komik mit Rückseite

Die sechs Schauspieler und ein Musiker führen das Publikum ins AMS-Jobcenter, in Deutschkurse, in einen Sturm aus wüsten Beschimpfungen und auf die Straße. Wenn der Augustin-Verkäufer seine Zeitung vergebens an den Mann zu bringen sucht, sieht man, wie die Zurückweisung etwas in ihm bricht. Komik gibt es auch, sie entsteht aus der Situation, ist aber nicht heiter, ihre tragische Rückseite ist immer dabei. "Ich komme aus Syrien, ich kenne Fake-News", sagt einer.

Die Darsteller waren schon in ihrer Heimat Schauspieler, hier sprechen sie perfektes Englisch und Deutsch. Die Situationen wurden aus ihrer Umwelt kondensiert. Ein junger Mann habe in Afghanistan drei Möglichkeiten, erzählt Hamayun: Er kämpft mit den Taliban, gegen die Taliban, oder er flieht. Ein eindrücklicher Abend. (Michael Wurmitzer, 27.4.2018)