Marseille – Das Stade Velodrome ist ein magischer Ort, ein Hexenkessel. Sagt Rudi Garcia. Er muss es wissen, der 54-jährige Franzose ist seit Oktober 2016 Trainer von Olympique Marseille. Gastmannschaften erstarren mitunter vor Ehrfurcht. Red Bull Salzburg wollte das am Donnerstagabend im Halbfinalhinspiel der Europa League vermeiden, die 64.000 in Blau und Weiß gekleideten Fans ignorieren.
Der höfliche Herr Garcia hatte die Österreicher zum Favoriten erklärt ("Ein hervorragendes, junges Fußballteam"), er wies auf die Gruppenphase hin, Salzburg siegte daheim 1:0, holte im Velodrome ein 0:0. Andererseits: "Der Geist bei Olympique ist sehr groß. Wir sind entschlossen, das Finale zu erreichen." Kollege Marco Rose will das freilich auch. "Wir wollen mutig und cool sein, aufs Ganze gehen." Wie sagte Salzburgs Stürmer Munas Dabbur: "Wer Real Sociedad, Borussia Dortmund und Lazio Rom schlägt, muss sich auch vor Marseille nicht fürchten." Die Franzosen hatten im Viertelfinale RB Leipzig, Salzburgs großen, bisweilen aber auch kleinen Bruder, nahezu gedemütigt (Gesamt 5:3).
Schwache erste Hälfte
Rose überraschte mit einer Personalie, er ließ Xaver Schlager auf der Bank, der offensivere Hannes Wolf gehörte der Startformation an. Des Deutschen Begründung: "Wer gut arbeitet und spielt, bekommt eine Chance." Rose setzte mal auf eine variable Mittelfeldraute, mal auf ein 4-3-1-2-System.
In den ersten zehn Minuten ist praktisch nichts passiert. Aber nur in den ersten zehn Minuten. Dann wurde Marseille stark und stärker, die Salzburger gerieten ins Schwimmen. 15. Minute: Foul von Wolf an Lucas Ocampos. Kapitän Dimitri Payet zirkelt den Freistoß in den Strafraum, der prinzipiell verlässliche Goalie Alexander Walke verfliegt sich, Florian Thauvin überspringt Andreas Ulmer, köpfelt das 1:0. Er trifft dabei die eigene Hand, der schottische Schiedsrichter Willam Collum anerkennt den Treffer trotzdem. Die Gastgeber gaben das Tempo vor, die Salzburger Offensivaktionen verpufften im Ansatz. 26. Minute: Dabbur sorgt zumindest für einen Hauch von Gefahr. 29. Minute: Stefan Lainers Weitschuss wird eine Beute von Keeper Yohann Pele.
Elfmeter-Alarm
Die Salzburger waren wieder auf Augenhöhe, Olympique griff meist über die rechte Seite an, Bouna Sarr quälte Ulmer. Hochkarätige Chancen wurden jedoch kaum kreiert.
Nach der Pause wurden die Salzburger mutiger, forscher, etwas ballsicherer, es konnte phasenweise Druck erzeugt werden. 52. Minute: Lainer wird elferwürdig gefoult. 53. Minute: Wolf prüft Pele streng. 60. Minute: Fredrik Gulbrandsen ersetzt den schwachen Hee-Chan Hwang.
Leicht naiv
63. Minute: Wider den Spielverlauf erhöht der eingewechselte Clinton Njie nach Pass von Payet auf 2:0, Salzburgs Abwehrverhalten war in dieser Szene naiv. Und im Hexenkessel wurde es laut. 68. Minute: Wolf geht, Schlager kommt. Die Bullen blieben aktiv, steckten nicht auf, Gulbrandsen trifft nach Maßflanke von Ulmer aus kurzer Distanz nur die Stange (77.). Das wichtige Auswärtstor gelang also nicht, das effiziente Marseille verteidigte den soliden Vorsprung bis zum Abpfiff.
Das Rückspiel findet am 3. Mai in Salzburg statt, die Arena ist längst ausverkauft. Gegen Lazio wurde das 2:4 von Rom mit einem 4:1 beantwortet, die Hoffnung lebt. In der anderen Partie trennten sich Arsenal und Atletico Madrid 1:1. Das Finale steigt übrigens am 16. Mai in Lyon. Marseille ist nicht nur geografisch betrachtet näher dran. (red, 26.4.2018)
Europa League, Halbfinal-Hinspiel, Donnerstag
Olympique Marseille – Red Bull Salzburg 2:0 (1:0)
Stade Velodrome, 64.000 Zuschauer (ausverkauft), SR Collum (SCO)
Torfolge:
1:0 (15.) Thauvin
2:0 (63.) Njie
Marseille: Pele – Sarr, Rami, Luiz Gustavo, Amavi – Lopez (60. Njie), Sanson – Thauvin (80. Germain), Payet, Ocampos (52. Zambo Anguissa) – Mitroglou
Salzburg: Walke – Lainer, Ramalho, Caleta-Car, Ulmer – Haidara (81. Yabo), Samassekou, Wolf (68. Schlager), Berisha – Hwang (60. Gulbrandsen), Dabbur
Gelbe Karten: Lopez, Mitroglou bzw. Wolf