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Kim betrat als erster nordkoreanischer Machthaber seit Kriegsende vor 65 Jahren südkoreanischen Boden – um etwa halb drei Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit.

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In der "Friedenshalle" auf der südkoreanischen Seite im Grenzort Panmunjom fanden die ersten Gespräche statt.

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Fortschritte zwischen Nordkorea und Südkorea am Freitag.

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Seoul/Pjöngjang – Beim Gipfeltreffen zwischen Nord- und Südkorea haben sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und Südkoreas Präsident Moon Jae-in auf eine vollständige Entnuklearisierung der Koreanischen Halbinsel geeinigt. Außerdem wollen sie den offiziell noch geltenden Kriegszustand bis zum Ende dieses Jahres beenden und einen Friedensvertrag schließen.

Das teilten Kim und Moon in einer gemeinsamen Stellungnahme am Rande ihres Gipfeltreffens am Freitag mit. Ziel sei eine Vereinbarung über einen dauerhaften und stabilen Frieden. Zudem wollen sie ihre Armeen verkleinern, feindliche Handlungen unterlassen und ihre schwer militarisierte Grenze zu einer "Friedenszone" umbauen.

Moon reist im Herbst nach Nordkorea

Außerdem soll es ab August wieder Zusammenführungen von Familien geben, die der Koreakrieg getrennt hat, schreibt die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. Moon kündigte außerdem an, im Herbst nach Nordkorea zu reisen.

ORF-Reporter Andreas Pfeifer erklärt, ob der Korea-Gipfel zu Recht als historisch bezeichnete werden darf und ob die angekündigte nordkoreanische Abrüstung glaubhaft ist.
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Konkrete Schritte zum Ablauf der atomaren Abrüstung enthält die Erklärung allerdings nicht. Es gibt auch keine Angaben dazu, wie sie überprüft werden soll. Allerdings wollen die beiden Länder ein gemeinsames Büro in der nordkoreanischen Sonderwirtschaftszone Kaesong eröffnen, um die Zusammenarbeit zu erleichtern.

"Eigenes Schicksal entscheiden"

Ein bedeutender Punkt in der Erklärung ist, dass die beiden Koreas ausdrücklich festlegen, künftig "ihr eigenes Schicksal entscheiden" zu wollen. Eine Wiedervereinigung wird als Zukunftsprojekt genannt. Sie streben jedoch multilaterale Gespräche mit anderen Ländern an, darunter den USA.

Einen Friedensvertrag können Nord- und Südkorea tatsächlich nicht alleine beschließen. Der Koreakrieg war 1953 durch einen Waffenstillstand beendet worden, den Nordkorea, die von den USA geführten UN-Truppen und China unterzeichnet hatten, nicht aber Südkorea. Für einen Friedensvertrag ist daher die Zustimmung der USA und Chinas nötig – in dieser Frage kann es seitens der beiden Koreas alleine also nur bei Willensbekundungen bleiben.

Die wichtigsten Punkte der gemeinsamen Erklärung

Friedensvorkehrungen

  • Beide Länder streben eine vollkommene Entnuklearisierung der Halbinsel an.
  • Auch die USA und China sollen in die Friedensverhandlungen eingebunden werden.

Militär

  • Die entmilitarisierte Zone wird eine "Friedenszone". Lautsprecherbeschallungen und das Verteilen von Flugblättern werden eingestellt.
  • Auch die derzeitige "Northern Limit Line" im koreanischen Westmeer wird eine maritime Friedenszone, um militärische Zusammenstöße zu unterbinden.
  • Die Verteidigungsminister der beiden Länder sollen in Zukunft öfter zusammentreffen. Das erste Treffen von Generälen soll bereits im Mai stattfinden.
  • Alle feindlichen Aktionen sollen beendet werden.

Austausch zwischen den beiden Ländern

  • Ein gemeinsames Büro mit permanenten Vertretern wird in Kaesong in Nordkorea eingerichtet.
  • Die Länder wollen gemeinsam an internationalen Sportveranstaltungen teilnehmen, etwa den Asienspielen 2018.
  • Familien, die durch den Krieg getrennt wurden, sollen zusammengeführt werden. Das Programm soll am 15. August beginnen.
  • Es soll gemeinsame Initiativen zur Förderung des Wirtschaftswachstums geben.
  • Bahnstrecken und Straßen sollen modernisiert werden, zum Beispiel im Osten der Halbinsel und zwischen Seoul, Hauptstadt Südkoreas, und Sinuiju im Nordwesten Nordkoreas.
  • Alle bisherigen Vereinbarungen und Erklärungen sollen voll umgesetzt werden.
  • Auf allen Ebenen soll der Dialog zwischen den Ländern gefördert werden.

Erstes Treffen am Morgen

Kim und Moon waren am Freitag zu einem historischen Gipfeltreffen in der entmilitarisierten Zone zwischen beiden Ländern zusammengekommen. An der Demarkationslinie im Grenzdorf Panmunjom reichten sich beide die Hand. Kim betrat als erster nordkoreanischer Machthaber seit Kriegsende vor 65 Jahren südkoreanischen Boden – um etwa halb drei Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit.

"Guardian News" zeigt den historischen Moment.
Guardian News

"Ich freue mich, Sie zu treffen", sagte Moon. Kim forderte den südkoreanischen Präsidenten spontan auf, seinerseits die Betonschwelle, die die Linie kennzeichnet, auch nach Norden zu überqueren.

Moon betrat damit erstmals nordkoreanischen Boden, was vorher nicht erwartet worden war. Zwischen den blauen Baracken, die beide Seiten nach dem Krieg für Besprechungen nutzten, markiert die betonierte Schwelle zwischen dem Sandfeld im Norden und dem Kiesbett im Süden die Demarkationslinie.

Symbol des Friedens

Kim äußerte schon zu Beginn seine Hoffnung auf "gute Ergebnisse": "Wir können eine bedeutende Vereinbarung erreichen, aber wichtig ist, dass sie umgesetzt wird. Wenn nicht, werden wir unser Volk enttäuschen." Beide enttäuschten ihr Volk nicht. Nach der ersten Gesprächsrunde kehrte Kim zu Mittag zum Essen und für eine Pause wieder auf nordkoreanische Seite zurück. Die Gespräche wurden am Nachmittag fortgesetzt und enden am Abend mit einem Bankett. Auch Kims Frau Ri Sol-ju ist bereits dazugestoßen.

Nach dem Mittagessen pflanzten die beiden einen Baum an der Grenze. Die Pinie soll als Zeichen für den Frieden zwischen den Staaten stehen. Moon und Kim schaufelten selbst Erde auf die Wurzeln und enthüllten einen Stein, auf dem neben ihren Namen steht: "Frieden und Wohlstand pflanzen".

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Am Anfang der Nachmittagssession schaufelten Kim und Moon gemeinsam im Schatten einer Pinie.
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Gästebuch: "Neue Geschichte beginnt"

Ganz zu Beginn der Gespräche trug sich Kim noch in der sogenannten Friedenshalle, in der der Gipfel stattfand, in das Gästebuch ein: "Eine neue Geschichte beginnt jetzt – am Ausgangspunkt der Geschichte und der Ära von Frieden", schrieb Kim. Er wolle ein "neues Kapitel" in den Beziehungen zu Südkorea aufschlagen.

Nordkoreas Machthaber wurde vom protokollarischen Staatsoberhaupt Kim Yong-nam und seiner Schwester Kim Yo-jong begleitet, die praktisch als seine Stabschefin fungiert. Beide hatten auch schon die Olympischen Winterspiele in Südkorea besucht. Die enge Vertraute Kims nahm auch an dem Anfangsgespräch mit Moon in kleiner Runde teil.

Die erste Begegnung zwischen Kim und Moon ist nach 2000 und 2007 in Pjöngjang der dritte innerkoreanische Gipfel, aber der erste seit der Eskalation der Spannungen über die Atom- und Raketentests im vergangenen Jahr.

Reaktionen aus den USA, Russland und China

US-Präsident Donald Trump reagierte auf das Treffen am Freitag mit Lob. Nach einem Jahr, das von Raketenstarts und Atomtests geprägt gewesen sei, würden nun "gute Dinge passieren", twitterte er.

Und setzte wenige Minuten später nach: "Der Koreakrieg endet!"

Auch aus Russland und China kamen positive Reaktionen. So erklärte das russische Präsidialamt, der Gipfel sei "eine sehr positive Entwicklung". Russland werde alle weiteren Schritte begrüßen, die die Spannungen verringern. (APA, Reuters, red, 27.4.2018)