Wie kommt eigentlich so ein Smartphone in die Welt? Es wird in einer Fabrik zusammengebaut aus Teilen, die aus wieder anderen Fabriken stammen – so viel reimt man sich zusammen. Weniger bekannt ist, dass mikroelektronische Bauteile wiederum auf Stoffen beruhen, die seltene Erden genannt werden. Und dass diese Metalle namens Mangan oder Coltan – abseits cleaner Fabriken – in einem Bergbau gewonnen werden müssen, der oft fragwürdig und wenig nachhaltig ist.

Nun ist der Umstand, dass Endabnehmer über die Produktionsbedingungen von Geräten nicht Bescheid wissen, weder neu noch auf das Smartphone zu beschränken. Dasselbe ist aber jedenfalls ein griffiges Beispiel, um sich einmal mehr die erklecklichen blinden Flecken der schönen neuen Waren- und Arbeitswelt zu vergegenwärtigen.

Und als eben solches Beispiel dient das allgegenwärtige Gerät auch in der Ausstellung Arbeit ist unsichtbar, die demnächst im Museum Arbeitswelt in Steyr eröffnet wird. In einem abgedunkelten Raum kann man dort in einer Soundinstallation einerseits Interviews mit kongolesischen Bergwerksarbeitern lauschen, andererseits jungen Steyrern, die sich als User ihre Gedanken übers Wischhandy machen. "Ma kennt si mehr oder weniger ned aus", bringt ein junger Mann hier die Undurchschaubarkeit der modernen Medien auf den Punkt.

Als die Arbeit noch sichtbar war: Im Museum Arbeitswelt, eingerichtet in einer ehemaligen Stahlfabrik, wird auch die eigene Geschichte befragt.
Foto: Historisches Archiv der ehemaligen Steyr-Daimler-Puch AG

Unsichtbare Geschichte

Die besonnene Soundinstallation, entworfen von Christoph Mayer, stimmt ein auf eine Schau, die sodann eine ganze Geschichte der Arbeit erzählt. Kuratiert von Soziologe Harald Welzer und von STANDARD-Videokolumnist Robert Misik, setzt sie an in jener Zeit, da die industrielle Revolution das Handwerk verdrängte, bezieht dabei auch großzügig das Museumsgebäude selbst ein. Es beherbergte einst eine Fabrik und war als solches ein Brennpunkt der Stahlindustrie, nicht zuletzt im NS-Regime.

Neben der unsichtbaren Arbeit rückt in dieser Befragung der eigenen Vergangenheit auch die unsichtbare Geschichte in den Blick. Dies etwa, wenn ein in Steyr gebautes Maschinengewehr gemeinsam mit dem Tagebucheintrag eines Soldaten präsentiert wird, der sich seiner ersten, schockierenden Begegnung mit einer solchen Waffe erinnert. Zu den ungewöhnlichen und im engeren Sinne mit dem Ausstellungsthema verknüpften Exponaten gehört auch die Videoarbeit Eine Einstellung zur Arbeit von Harun Farocki: Der deutsche Filmemacher bat Berufsgruppen – etwa Schuster, Müllmänner oder Schweißer –, ihre gemeinhin unbeobachtet stattfindende Arbeit zu dokumentieren.

Ein Plausch mit der künstlichen Intelligenz: Roboter Pepper, hier bei einer Vorführung im Stuttgarter Kaffeehaus Gerber, gibt in Steyr Auskunft über sich und seine Zeitgenossen.
Foto: APA/dpa/Sina Schuldt

Werden wir überflüssig?

Hingeführt wird schließlich zu Fragen des kognitiven Kapitalismus – also des Geschäfts mit Ideen, aber auch zur Automatisierung: Können Roboter unsere Arbeit übernehmen? Was fangen wir dann mit uns an? Und warum arbeiten wir eigentlich trotz maschineller Unterstützung immer mehr statt weniger? Entsprechende Überlegungen vermitteln wiederum Interviewschnipsel. Dass man in der gegenwärtigen Arbeitswelt nicht "einfach den Computer abdrehe und fertig" sei, sagt eine Frau; ob es schon "Glück" bedeute, "die Fesseln zu erkennen", räsoniert ein anderer Interviewter.

Zu Wort kommen auch die Maschinen selbst, und zwar in Gestalt des Roboters "Pepper". Besucher der Vienna Biennale 2017 mögen diesen zugleich herzigen und ein bisschen beängstigenden Vorboten einer neuen Zeit schon kennen. In Steyr führt Pepper durch jenen letzten Teil der Ausstellung, der explizit die Rolle der künstlichen Intelligenz in der Arbeitswelt thematisiert.

Es sind wichtige Fragen, die aufgeworfen werden – und dank niedrigschwelliger Aufbereitung bekommen dabei auch Besucher, die mit dem Thema nicht vertraut sind, viele Kategorien an die Hand, in denen sich über die moderne Arbeitswelt nachdenken und diskutieren lässt. (Roman Gerold, 3.5.2018)