Zusammenstöße im Zentrum Istanbuls.

Foto: AFP PHOTO / BULENT KILIC

Istanbul – Die türkische Polizei ist bei den Kundgebungen zum 1. Mai in Istanbul mit großer Härte gegen Demonstranten vorgegangen. Sie nahm nach eigenen Angaben 84 Menschen fest und transportierte sie in Bussen zur Vernehmung ab. Viele waren zuvor auf den Boden gedrückt und gefesselt worden. Zentrale Plätze und Straßen in der Innenstadt waren komplett abgeriegelt. Rund 26.000 Polizisten waren im Einsatz.

Der zentrale Taksim-Platz war vollständig gesperrt, ebenso wie die berühmte İstiklal-Einkaufsstraße. Geschäfte blieben geschlossen. Als Demonstranten versuchten, auf den Taksim-Platz vorzudringen, schritt die Polizei ein. Das Großaufgebot der Polizei wurde nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu unterstützt von drei Hubschraubern, 85 Wasserwerfern und 67 gepanzerten Fahrzeugen.

Blumen am Taksim-Platz

Unterdessen nahmen tausende Menschen an der offiziellen Maikundgebung in Istanbul teil, die aber im asiatischen Stadtteil Maltepe weit außerhalb des Zentrums der Millionenmetropole stattfand. Auf dem Taksim-Platz durfte lediglich eine Gruppe von Gewerkschaften Blumen am Atatürk-Denkmal niederlegen. Für Gewerkschaften hat der Platz eine besondere Bedeutung. Am 1. Mai 1977 hatten dort Heckenschützen auf eine Demo mit rund 500.000 Teilnehmern geschossen und zahlreiche Menschen getötet.

Genehmigte Demonstrationen gab es darüber hinaus in Ankara und İzmir. Demonstranten kritisierten auf Plakaten unter anderem die hohe Arbeitslosigkeit, Repressionen gegen Journalisten und den seit mehr als eineinhalb Jahren andauernden Ausnahmezustand, wie auf Bildern zu sehen war.

Ausnahmezustand wurde unlängst verlängert

Der 1. Mai gibt in Istanbul traditionell Anlass zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, allerdings verstärkten die Behörden die Sicherheitsvorkehrungen zuletzt massiv. Im Zentrum Istanbuls sind Demonstrationen am 1. Mai seit 2014 – als Reaktion des Staates auf die regierungskritischen Gezi-Proteste – verboten. Im vergangenen Jahr wurden am 1. Mai in Istanbul 160 Menschen vorübergehend festgenommen. Unter dem nach dem Putschversuch im Juli 2016 verhängten Ausnahmezustand ist das Demonstrationsrecht eingeschränkt. Der Ausnahmezustand war vor zwei Wochen zum siebenten Mal verlängert worden.

Indes verschärften sich die innenpolitischen Spannungen nach der Ankündigung vorgezogener Parlaments- und Präsidentschaftswahlen für den 24. Juni durch Staatschef Recep Tayyip Erdoğan. (APA, 1.5.2018)