Hufeisennattern werden bis zu 1,9 Meter lang und sind ungiftig.

Im Amnesia startet die Saison dieses Jahr am 18. Mai. Dann lädt Ibizas bekannteste Diskothek zur Eröffnungsparty. Im Hinterland geht es schon seit Ende April rund: Die Schlangen sind aus ihrer Winterstarre erwacht. Sie kriechen durch das Gebüsch und suchen Nahrung und Geschlechtspartner. Für den Menschen sind Hufeisen- und Treppennattern zwar ungefährlich. Doch der einheimischen Pityusen-Eidechse machen sie das Leben schwer. Sie hat sich an die Angriffe der Nattern noch nicht angepasst und wird von diesen massenweise vertilgt. Eine 2017 untersuchte Schlange hatte sieben Echsen im Magen.

Deshalb werden die zwei invasiven Arten, die kaum natürliche Feinde haben, seit 2015 auf Ibiza und Formentera bejagt. Das Umweltministerium, die Balearen-Regierung und die Inselräte von Ibiza und Formentera wollen verhindern, dass die Echse ausstirbt. Auf der Nachbarinsel Mallorca ist der Schaden schon angerichtet. Dort gibt es seit rund 2000 Jahren Schlangen, einheimische Eidechsen leben nur noch auf unbewohnten, vorgelagerten Inseln.

Ibiza und Formentera waren bis vor etwa 15 Jahren schlangenfrei. "Paradiesische Zustände" nennt das die Umweltwissenschafterin Elba Montes. Doch dann kamen die Nattern, im Wurzelwerk alter Olivenbäume, die Landbesitzer gern zur Zierde pflanzen. Die knorrigen Bäume kommen vom spanischen Festland, wo die Schlangen seit jeher leben und teilweise sogar unter Schutz stehen. Doch auf Inseln ist das ökologische Gleichgewicht schnell gestört.

Auf Guam keine Vögel mehr

Montes schreibt ihre Doktorarbeit zu Schlangeninvasionen auf Inseln und ist deshalb auf die Pazifikinsel Guam gereist. Die Lage dort kommt einem Worst-Case-Szenario gleich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Baumschlangen aus Indonesien eingeschleppt. Erst in den 1990er-Jahren wurde das Problem erkannt. Da war es schon zu spät: "Auf Guam hörst du keinen Vogel mehr", sagt Montes, "und der Wald ist voll riesiger Insekten."

So weit soll es auf den beiden Mittelmeerinseln nicht kommen. 1950 Nattern sind im vergangenen Jahr in die 200 Fallen der balearischen Umweltbehörde gekrochen, dazu kommt die Dunkelziffer der von Privatleuten gefangenen Schlangen. Dieses Jahr stehen knapp 300 Fallen auf dem Gelände, drei Angestellte kümmern sich um nichts anderes. Alejandro Macías ist einer von ihnen. Er versorgt die Lockmäuse, die in den Käfigen leben, tötet gefangene Schlangen und beruhigt die Bevölkerung. "An Schlangen sind wir hier nicht gewöhnt", sagt der 23-Jährige am Steuer seines Geländewagens.

Katzen schädlicher als Schlangen

Die Aufregung ist groß. Viele Ibizenker haben Macías Handynummer. Wenn sie eine Natter sehen und gefangen haben, können sie ihn anrufen. "Dabei richten ausgewilderte oder streunende Hauskatzen viel mehr Schaden an", betont Macías. "Sie haben ein größeres Maul und fressen nicht nur Mäuse und Echsen, sondern auch das Gelege von Bodenbrütern und Singvögeln."

In Sant Llorenç im Inselnorden vermutet die Umweltbehörde den Ground Zero der Invasion. Dort liegt ein hoch eingezäuntes Anwesen mit vielen Olivenbäumen. Es soll dort vor Schlangen gewimmelt haben, teilweise lagen sieben, acht Tiere in den Fallen rund um das Privatgelände, erzählt Macías. "Auf die Finca durften wir nicht", sagt er, "vielleicht hätten wir so das Problem lösen können."

Ausrotten kann man die Nattern auf Ibiza nicht mehr. Die Dezimierung scheint aber zu gelingen. Zwischen 2016 und 2017 hat sich die Fangquote trotz höheren Aufwandes – mehr Fallen wurden über einen längeren Zeitraum aufgestellt – um knapp 15 Prozent verringert.

Elba Montes ist pessimistischer. Man habe zu lange nichts getan, sagt sie, auch jetzt werde zu wenig unternommen. Sie fordert Einfuhrkontrollen an den Häfen. "Auf den Balearen werden noch immer Olivenbäume importiert", sagt sie, "und mit ihnen Schlangen." (Brigitte Kramer aus Ibiza, 3.5.2018)