Bild nicht mehr verfügbar.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan würde gerne auch im Ausland auf Stimmenfang gehen.

Foto: reuters

Sarajevo – Der vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan angekündigte Wahlkampfauftritt in Bosnien-Herzegowina hat zu Verwirrung und Streit unter den politischen Parteien geführt. Weder das Außenministerium noch das Staatspräsidium seien über die für den 20. Mai in Sarajevo geplante Rede Erdogans unterrichtet worden, berichteten die Medien am Samstag in diesem kleinen Balkanland.

Es handle sich möglicherweise um eine private Einladung des muslimischen Spitzenpolitikers Bakir Izetbegovic, der ein sehr enges Verhältnis zu Erdogan hat. Einige Parlamentsabgeordnete kritisierten die Besuchsankündigung. "Wenn jeder, der will, in unser Land kommen kann, um politische Versammlungen zu organisieren, verlieren wir die Souveränität als Staat", sagte der prominente muslimische Parlamentarier Sadik Ahmetovic dem Portal klix.

Auftritt in Olympiahalle?

Schon vor Tagen hatte der bosnische Serbenführer Milorad Dodik das Kommen Erdogans kritisiert, dem er die einseitige Unterstützung der muslimischen Bosnier vorhielt. Erdogan soll nach Medienberichten in einer Halle der Olympischen Winterspiele 1984 auftreten.

Bosnien ist seit Jahren wegen des Streits zwischen der muslimischen Mehrheit, den orthodoxen Serben mit einem Drittel der Bevölkerung und den katholischen Kroaten (15 Prozent) blockiert. Izetbegovic sitzt für die Muslime im dreiköpfigen Staatspräsidium; auch die Serben und Kroaten schicken je einen Vertreter ins höchste Staatsamt. Der Spitzenpolitiker ist in der kommenden Woche in Berlin Gast der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.

Erdogan hatte am Vortag seinen Besuch auf dem Balkan angekündigt, nachdem mehrere westeuropäische Länder – darunter Österreich – angekündigt hatten, Wahlkampfauftritte türkischer Politiker zu untersagen. Er rechne mit neun- bis zehntausend Teilnehmern aus ganz Europa, sagte er. Die Türkei wählt am 24. Juni ein neues Parlament und einen Präsidenten. Damit soll der von Erdogan betriebene Umbau des Staates in ein auf ihn zugeschnittenes Präsidialsystem abgeschlossen werden. Dabei spielen die Millionen türkischer Wähler in Europa eine wichtige Rolle. (APA, 5.5.2018)