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Android: Freude über Updates.

Foto: STEPHEN LAM / REUTERS

Seit Jahren wiederholt sich das gleiche Spiel: Google verkündet Verbesserungen an seinem Betriebssystem, die die Update-Erstellung unter Android vereinfachen sollen. Doch all diesen Bemühungen steht eine bittere Realität gegenüber: Weiterhin verbreiten sich neue Android-Generation im Schneckentempo. Genau genommen ist die Situation sogar so schlimm wie noch nie zuvor.

Angesichts dessen waren die Zweifel, die mit der Vorstellung von "Project Treble" im Vorjahr verbunden waren, durchaus nachvollziehbar. Auch wenn es sich dabei um den "größten Umbau in der Android-Geschichte handelt", würde dieser wirklich etwas an der aktuellen Situation ändern? Wie sich nun herausstellt, scheint die Antwort darauf für viele überraschend zu sein, lautet sie doch: "Ja".

Android P Beta

Mit der ersten Beta von Android P werden erstmals neben Google-eigenen Geräten auch ausgewählte Smartphones anderer Hersteller unterstützt. Neben Pixel (XL) und Pixel 2 (XL) wird es die Beta also auch für Sony Xperia XZ2, Xiaomi Mi Mix 2S, Nokia 7 Plus, Oppo R15 Pro, Vivo X21, OnePlus 6, und das Essential PH‑1 geben. Und das ist übrigens nur der Anfang: In einem Pressegespräch am Rande der Google I/O betonte Android-Entwicklungschef Dave Burke, dass im Testverlauf noch weitere Geräte in diese Riege aufgenommen werden sollen. All dies legt nahe, dass es die fertige Version von Android P dann auch bereits kurz nach der offiziellen Freigabe von Google auf den entsprechenden Geräten – und potentiell noch mehr – geben könnte.

Vergleiche

Um zu verstehen, welch großer Umbruch dies darstellen würde, empfiehlt sich ein Blick auf die aktuelle Softwaregeneration, Android 8 "Oreo". Das erste entsprechende Update durch einen Dritthersteller gab es erst zweieinhalb Monate nach der Freigabe durch Google, bis das nächste folgte, verging dann noch einmal fast einen Monat.

Project Treble

Möglich wird dies durch das bereits erwähnte "Project Treble": In dessen Rahmen hat Google sein Betriebssystem komplett neu organisiert. So wurden die Android-Open-Source-Komponenten (AOSP) strikt von Treibern und Linux-Kernel getrennt. Vor allem aber wurden dabei fixe Schnittstellen etabliert, über die die beiden Seiten miteinander kommunizieren können. Dadurch ist es möglich Treiber und AOSP-Bestandteile voneinander getrennt zu entwickeln – und zu updaten. Dies geht soweit, dass Google sogar vorschreibt, dass auf jedem Smartphone mit Treble – und das sind alle, die mit Android 8 ausgeliefert werden – auch ein "pures" Android getestet wird, und problemlos laufen muss.

Partnerschaften

All das hat die Komplexität in der Erstellung von Updates massiv vereinfacht. Freilich sind es nicht nur technische Hürden, die an mangelnden Updates Schuld sind. Also ist Google im Hintergrund auch zahlreiche Partnerschaften eingegangen, um Smartphone-Hersteller sowie Chip-Anbieter für die eigene Update-Initiative zu gewinnen. Am deutlichsten zeigt sich dies durch das Android-One-Programm, über das etwa Hersteller wie Nokia / HMD ein pures Android ausliefern, und auch aktiv mit laufenden – und langfristigen – Updates werben.

Parallel dazu hat Google aber auch Überzeugungsarbeit bei anderen Firmen geleistet. So verspricht Qualcomm, dass es direkt zur Veröffentlichung von Android P bereits passende Treiber für diverse der eigenen Chips, konkret Snapdragon 845, 660, und 636, geben wird. Insofern können sich die Hersteller darauf basierender Geräte nicht mehr auf den Chipanbieter ausreden, wenn sie keine Updates liefern. Langfristiges Ziel ist es übrigens hier geräteübergreifende Treiber zu haben, die auf einer Vielzahl von Geräten funktionieren – womit sie dann theoretisch sogar über den Play Store aktualisiert werden könnten.

Aktuelle Smartphones mit aktueller Software

All das hat übrigens nicht nur Auswirkungen auf die Update-Versorgung für bestehende Smartphones. Durch Project Treble wird es nämlich möglich, dass Hardwarehersteller ihre neuen Geräte wesentlich früher auf neue Android-Generationen anpassen können. Das heißt wiederum, dass es leichter wird Smartphones auch wirklich gleich mit der aktuellsten Android-Generation auf den Markt zu bringen. Details dazu liefert Google in einem eigenen Blogeintrag.

Alles gut? Leider nicht.

Eine vollständige Lösung für das Update-Problem ist all dies aber trotzdem nicht, und das hat einen simplen Grund: Will ein Hersteller nicht mitspielen, kann Google wenig tun. Das Open-Source-Modell von Android und die damit einhergehenden Lizenzen erlauben es Google schlicht nicht, die Hardwarehersteller zur Update-Auslieferung zu zwingen. Natürlich ließen sich solche Verträge theoretisch auch ändern, doch dies wäre nicht nur – angesicht der mehrjährigen Laufzeit – ein langwieriger Prozess, man müsste auch die komplette Kontrolle über die Software auf allen Android-Geräten übernehmen. Und es darf bezweifelt werden, dass dies angesichts der globalen Dominanz von Android bei den Kartellbehörden sonderlich gut ankommen würde.

Der Markt entscheidet

Angesichts dieses fehlenden Hebels ist entsprechend auch nicht davon auszugehen, dass – sagen wir einmal – Samsung mit Android P etwas an der eigenen Update-Strategie ändern wird. Ist diese doch nicht durch technische Probleme sondern simple Marketing-Entscheidungen getrieben. Das wird sich erst dann ändern, wenn die Konsumenten zunehmend zu den Geräten anderer Hersteller ändern – und die Hersteller so über ihre Bilanz lernen, dass Updates wichtig sind. (Andreas Proschofsky, 14.5.2018)