Die Diagnose Brustkrebs ist ein Schock, ein Großteil der Erkrankungen ist aber sehr gut behandelbar.

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Durch moderne Medikamente überleben heute viel mehr Frauen mit Brustkrebs als früher. Vor allem Patientinnen mit einem kleinen Tumor, der hormonabhängig wächst, wird oft eine gute Prognose bescheinigt.

Doch das Risiko eines Rückfalls ist auch noch nach Jahrzehnten gegeben, wie jüngst eine Analyse von 88 Studien mit 62.923 Frauen im New England Journal of Medicine zeigte. "Überraschend an der Studie ist das unerbittliche Risiko über 20 Jahre", sagt Daniel Hayes, Hauptautor der Studie und Gynäkologe am University of Michigan Cancer Center in Ann Arbor. "Sogar bei Patientinnen mit den besten Prognosen kommt es zu Metastasen."

Hauptziel der Studie war, die Patientinnen zu finden, die nach fünf Jahren ihre Antihormontherapie absetzen können. "Man darf bei Brustkrebs nicht von einer Heilung sprechen", sagt Christian Marth, Chefgynäkologe an der Uniklinik in Innsbruck, "sondern eher von einer chronischen Krankheit, bei der manche Patientinnen vielleicht länger eine Therapie brauchen." Vor allem hormonempfindliche Tumorzellen würden nach der Therapie in ein Schlafstadium übergehen und könnten durch bestimmte Trigger irgendwann wieder aktiv und zu einer Metastase werden.

Gute Prognosen

Was die Krebszellen reaktiviert, sei noch unbekannt. "Frauen mit Brustkrebs sollten sich von der Studie nicht verunsichern lassen", sagt der Gynäkologe. "Brustkrebs hat nach wie vor eine der besten Prognosen von allen Krebserkrankungen, und viele Patientinnen leben jahrzehntelang." Die Tumorbiologie könne man zwar nicht ändern, "aber mit einem gesunden Lebensstil kann man sein Rückfallrisiko senken".

Ob der Krebs wiederkommt, hängt zu einem großen Teil davon ab, ob sich die Krebszellen in die Lymphknoten in der Achsel ausgebreitet haben. "Je mehr Lymphknoten befallen sind, desto schlechter ist die Prognose, weil sich die Krebszellen dann mit der Lymphe ausbreiten und an anderen Stellen Metastasen bilden", erklärt Marth.

Bei Verdacht auf Brustkrebs entnimmt der Arzt eine Gewebeprobe und lässt sie vom Pathologen untersuchen. "Wir schauen uns die Tumorzellen genau an und bestimmen diverse Marker", sagt Zsuzsanna Varga, Pathologin am Unispital Zürich. Anhand der Gewebeprobe haben die Ärzte meist schon eine Vorstellung, um welche Art von Brustkrebs es sich handelt. "Je erfahrener ein Pathologe ist, desto zuverlässig ist seine Aussage", so Varga.

Klassifikation als Kürzel

Bei den drei in Europa verwendeten Zertifizierungen Eusoma, Q-Label und DKG gibt es daher klare Richtlinien. "Man muss eine bestimmte Zahl von Biopsien untersucht haben und in bestimmten Fällen eine Zweitmeinung vom Kollegen einholen", erklärt die Pathologin. Eine definitive Aussage zur Prognose können Mediziner erst nach kompletter Untersuchung mit bildgebenden Verfahren, Operation und Analyse des Tumormaterials machen. Wie ein Puzzle werden die Ergebnisse zusammengesetzt und liefern so ein Bild, das die Krankengeschichte einer Patientin in etwa vorzeichnet.

Leicht verständlich sind diese Befundberichte, in denen die Buchstaben G, T und N mit Zahlen versehen werden, nicht. Es sind für Laien eher verwirrende Listen, die jedoch eine Krankengeschichte vorzeichnen. Der Buchstabe G steht für die Art der Tumorzelle. G1 steht für einen Tumor, dessen Krebszellen normalen Brustzellen sehr ähnlich sind, bei einem G2-Tumor hingegen sehen die Tumorzellen etwas anders aus, G3 bedeutet, dass sie im Vergleich zu normalen Zellen völlig anders sind.

Der Buchstabe T gibt die Größe eines Tumors an. T1 bedeutet, dass der Tumor maximal zwei Zentimeter groß ist, ein T2-Tumor misst zwischen zwei und fünf, T3 bedeutet fünf Zentimeter. Ein T4-Tumor hat bereits die Brustkorbwand erreicht oder ist in die Haut eingewachsen.

Lokal oder im System

Ob sich der Krebs schon in Lymphknoten ausgebreitet hat, kennzeichnet der Buchstabe N. N0 bedeutet, dass keine Lymphknoten in der Achsel befallen sind. Steht N1 bis N3 im Befund, so sind Krebszellen in manchen beziehungsweise in vielen Lymphknoten. Der Buchstabe M wiederum besagt, ob sich schon Metastasen gebildet haben. M0 bedeutet nein, M1 ja, zum Beispiel in Leber, Lunge oder Gehirn. Aus der Auswertung dieser Buchstaben ergibt sich dann das Stadium einer Brustkrebserkrankung. Stadium I wäre etwa ein bis zu zwei Zentimeter großer Tumor ohne Krebszellen in den Lymphknoten und ohne Metastasen. Von 100 Frauen im Stadium I leben nach fünf Jahren noch fast alle, von denen im Stadium II noch 93, beim Stadium III sind es 72, und im Stadium IV – dann haben sich bereits Metastasen gebildet – noch 22 Frauen.

Doch zwei Frauen mit der gleichen Tumorgröße und gleichem Lymphknotenbefall können eine unterschiedliche Prognose haben, weil ihre Krebszellen verschiedene Marker haben. Rezeptoren für die Hormone Östrogen (ER) und Progesteron (PrG), für das Eiweiß HER2 sowie für Ki-67, geben an, wie stark die Tumorzellen wachsen. "Die beste Prognose hat eine Patientin, die 35 Jahre und älter ist, mit einem G1-, T1- und N0-Tumor, in dem sich ER oder PgR nachweisen lassen, HER2 dagegen nicht, und in dem das Ki-67 geringer als 14 Prozent ist", fasst Pathologin Varga die Parameter zusammen. Hat eine Patientin keinen Lymphknotenbefall, aber zum Beispiel keinen Hormonrezeptor an der Tumorzelle, oder ist sie jünger als 35, hat sie eine etwas schlechtere Prognose.

Therapie vorhanden

"Die Prognose bei einem Krebs mit Hormonrezeptoren ist deshalb besser, weil diese Tumoren gut auf eine Antihormontherapie ansprechen", erklärt Gynäkologe Marth. An HER2 binden Stoffe, die die Krebszellen zum Wachstum anregen – deshalb ist die Prognose bei diesen Tumoren etwas schlechter. Allerdings kann man HER2 gezielt mit dem Antikörper Trastuzumab blockieren und damit das Wachstum hemmen. Dadurch haben Tumoren mit HER2 heute die beste Prognose. "Wie gut der Tumor auf die Therapie anspricht, ist entscheidend", sagt Marth. "Wir erzielen immer bessere Ergebnisse."