Bern – Viele Menschen reagieren auf Vorschriften mit Trotz, andere sind hingegen froh, wenn ihnen eine Entscheidung abgenommen wird. Schweizer Wissenschafter haben nun die Gehirnprozesse untersucht, die den unterschiedlich starken Drang nach Entscheidungsfreiheit erklären könnten. Ihre Ergebnisse sind nun im "Journal of Neuroscience" erschienen.

Die Forscher um Daria Knoch und Sarah Rudorf von der Universität Bern untersuchten gemeinsam mit Kollegen der Universität Konstanz 51 Personen im Hirnscanner, während diese Entscheidungen treffen mussten. So mussten die Probanden Geld zwischen sich und einer anderen Person aufteilen. Die zweite Person ließ ihnen dabei entweder die freie Wahl oder schrieb ihnen vor, die unfairste Aufteilung nicht zu wählen.

Die Gehirnaktivität der Testpersonen wurde mittels Magnetresonanztomographie aufgezeichnet. Zudem wurden die Teilnehmenden zu ihren Emotionen während der Entscheidungsfindung befragt. Das Ergebnis: Wurde die Entscheidungsfreiheit der Testpersonen eingeschränkt, sprich: wurden sie angehalten, die unfairste Aufteilung nicht zu wählen, reagierten viele von ihnen trotzig und waren bei der Aufteilung weniger großzügig als wenn sie frei entscheiden konnten. Manche ließen sich durch die Vorschrift aber nicht beirren und waren trotzdem spendabel.

Scheitel- und Stirnlappen beteiligt

Im Gehirn-Scan stellten die Forschenden fest, dass die Kommunikation zwischen bestimmten Gehirnbereichen darauf schließen lässt, wie stark sich eine Person gegen eine Einschränkung wehrt. "Die Unterschiede im Trotzverhalten wurden insbesondere im Scheitellappen (Parietalcortex) und Stirnlappen (Frontalcortex) sichtbar, die zentral an Prozessen wie Aufmerksamkeit und komplexen Entscheidungen beteiligt sind", sagte Studienleiterin Knoch. Je stärker diese Gehirnbereiche kommunizierten während die Testpersonen eingeschränkt wurden, desto größer war das Trotzverhalten.

Die Kommunikationsstärke der involvierten Gehirnbereiche spiegelte auch wider, wie sehr eine Testperson die Vorschrift als Zeichen des Misstrauens empfand und wie sehr diese Empfindung ihre Entscheidung beeinflusste. Die Studie gebe erstmals Aufschluss darüber, wie individuelle Unterschiede in den Reaktionen auf Einschränkungen der Entscheidungsfreiheit neurobiologisch zustande kommen, so die Autoren. Daraus könnten sich beispielsweise Implikationen für den Gesundheitsbereich ergeben. "Indem wir die Reaktionen auf Einschränkungen besser verstehen, können wir gezieltere Maßnahmen ableiten, wie man die Kooperation erhöhen kann", so Knoch. (APA, 15.5.2018)