Wien/Jerusalem – "Aus unserer Teilnahme am Empfang sind keinerlei völkerrechtliche Implikationen herauszulesen." Mit diesen Worten verteidigte die österreichische Außenministerin Karin Kneissl die Teilnahme des österreichischen Botschafters in Israel an den Feierlichkeiten des israelischen Außenministeriums zur Einweihung der US-Botschaft in Jerusalem.

EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte im Vorfeld die EU-Staaten um Zurückhaltung gebeten. Dieser Bitte kam Österreich nicht nach. Die Teilnahme an diplomatischen Empfängen sei von EU-Ebene aus gesehen "Mikromanagement", so Kneissl. Die Staaten würden daher allein darüber entscheiden. Botschafter Martin Weiss wies am Dienstag darauf hin, er sei der Einladung aus Höflichkeit nachgekommen. Österreich habe seine Position jedenfalls nicht geändert und setze weiterhin auf die Zweistaatenlösung. Auch werde Österreichs Botschaft in Tel Aviv bleiben.

Neben dem österreichischen Botschafter waren aus EU-Ländern lediglich die Vertreter aus Rumänien, Ungarn und Tschechien bei der Feier. Insgesamt kamen nur 34 von 86 geladenen Botschaftern.

In Österreich hagelte es am Dienstag Kritik aus den oppositionellen Reihen. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder vermutet, dass eine Teilnahme offensichtlich als "innenpolitisch determinierter Wunsch" aus Wien an den Botschafter herangetragen worden sei. Verständnislos zeigte sich auch Neos-Europa-Sprecherin Claudia Gamon: "Außenministerin Karin Kneissl hat hier klar (...) gegen die gemeinsame Linie der Europäischen Union gehandelt. Gerade in einer derart heiklen Angelegenheit darf Österreich nicht so eine wackelige Position einnehmen."

Es ist nicht das erste Mal, dass Wien die außenpolitische Linie der EU-Partner nicht mitträgt. Nach dem Giftanschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal hat Österreich gemeinsam mit allen anderen EU-Ländern zwar Solidarität mit Großbritannien bekundet, sich jedoch gegen die Ausweisung russischer Diplomaten entschlossen. Nur Tage später eröffnete Außenministerin Kneissl in Moskau ein Österreich-Institut.

Die aktuellen Ereignisse in Israel schätzt Kneissl ebenfalls anders ein als viele Kollegen. Die Verlegung der US-Botschaft würde zwar "nicht zur Beruhigung" beitragen, dass sie den oft zitierten Flächenbrand auslöse, glaube sie aber nicht, erklärte Kneissl am Montag bei einem gemeinsamen Pressestatement mit Uno-Generalsekretär António Guterres in Wien. Der israelisch-palästinensische Konflikt bleibe jedenfalls der Kern der Auseinandersetzungen in der Region. (mhe, 15.5.2018)