Als Fleisch noch selten auf den Tisch kam, war es selbstverständlich das ganze Tier zu verwerten. Inzwischen gibt es im Supermarkt nur mehr die "wertvollen Teile" wie Rücken, Filet und Teile der Keule zu kaufen. Wer die sogenannten Nichtedelteile verkochen möchte, braucht einen kundigen Fleischhauer oder kauft ganze Tiere direkt beim Bauern.

Wieder salonfähig gemacht hat die "Nose to Tail"-Philosophie in den 1990er-Jahren der britische Koch Fergus Henderson mit seinem gleichnamigen Kochbuch. Doch auch hierzulande werden inzwischen Bauchlappensteaks auf den Grill geworfen, Schweinebäckchen geschmort und Hühnerhaut zu Chips gebrutzelt. Die folgenden drei Kochbücher haben sich ganz diesem Thema verschrieben.

Second Cuts – Rind, Kalb & Schwein

Die Köchin, Journalistin und Food-Fotografin Manuela Rüther hat schon ein ganzes Kochbuch dem Geschmack "bitter" gewidmet und Micro Leaves unter die Lupe genommen. In "Backe Brust und Bauch" beschäftigt sie sich mit den Second Cuts, den fast vergessen Fleischstücken von Rind, Kalb und Schwein. Sie geht auf Fleischzuschnitte ein, erklärt wie gutes Fleisch auszusehen hat, welchen Sinn Fett und Knochen beim Braten und Kochen haben und welch unterschiedliche Garmethoden es gibt.

Anhand von Illustrationen bekommen auch Menschen, die nicht so genau wissen wo welches Fleischstück beim jeweiligen Tier zu finden ist, einen Überblick. Wie diese Stücke in Deutschland, Schweiz oder Österreich genannt werden ist ebenso angegeben, wie der Geschmack und die optimale Zubereitungsart. Das Bürgermeisterstück etwa schmeckt hervorragend dünn geschnitten und im Wok angebraten.

Foto: Manuela Rüther, AT Verlag

Mehrere Seiten widmet die Autorin dem Grillen. Welche Cuts für direktes Grillen geeignet sind, welche besser indirekt – also mit geschlossenem Deckel – gegrillt werden. Auch das Thema Hausschlachtung wird in einigen Zeilen und ein paar eindrucksvollen Bildern abgehandelt.

Für die Rezepte werden fast durchwegs heimisches Gemüse und Gewürze verwendet -einige sind asiatisch oder mediterran inspiriert – doch die Hauptzutat ist ohnehin Fleisch. Dass hier wirklich das ganze Tier verwertet wird, beweisen Rezepte, wie das folgende für die Schweineschwänzchen mit Chili, Knoblauch und Ingwer.

Foto: Manuela Rüther, AT Verlag

Die Fotos in "Backe Brust und Bauch" sind allesamt sehr ästhetisch. Nicht nur die fertigen Speisen sehen köstlich aus, auch das rohe Fleisch ist appetitlich in Szene gesetzt. Eine Pflichtlektüre für Fleischliebhaber!

Foto: Manuela Rüther, AT Verlag

Manuela Rüther

Backe Brust und Bauch

Second Cuts – fast vergessene Fleischstücke mit Biss und Charakter
AT Verlag 2018, 280 Seiten, € 30,00
IBAN 978-3-03800-082-2

Geflügel & Kaninchen

René Christ ist Koch, Metzger und Kleintierzüchter, Wilhelm Bauer Kleintierexperte und Preisrichter für Geflügel aller Art. Diese beiden Herren kennen sich also aus mit diversen Geflügelrassen und Kaninchen. Sie wissen um die Farbe von Fleisch, Fett und Haut unterschiedlicher Tiere und deren Nährwert. Gänse haben mit 342 kcal/100g den höchsten Energiewert, Wachteln mit 110 kcal den geringsten.

Das Buch ist vollgepackt mit praktischem Wissen, etwa wie ein Huhn richtig zerlegt wird, wie es entbeint wird und wie es dann weiterverarbeitet werden kann. Gefüllte Hühnerschenkel, oder Cordon Bleu vom Brustfilet werden ebenso in Schritt-für-Schritt Fotos gezeigt, wie das Füllen und Rollen eines Kaninchenrückens.

Bei den Rezepten liegt der Fokus auf Innereien, Hühnerfüßen, -hälsen oder Geflügelhaut – denn auch hier lautet die Devise: vom Schnabel bis zum Bürzel. So wird aus Geflügelmägen eine Mousse zubereitet, Würste mit Kaninchenfleisch gefüllt und Nieren im Cognac-Teig herausgebacken. Die knusprig gebackenen Geflügelhaut-Chips sind im Backrohr schnell gemacht und ein origineller Snack zum Aperitif.

Foto: Eugen Ulmer Verlag

René Christ, Wilhelm Bauer

Geflügel und Kaninchen

Perfekt zerlegen und köstlich zubereiten
Ulmer Verlag 2018, 160 Seiten, € 20,50
IBAN 978-3-8186-0274-1

Lamm & Zicklein

Aus der gleichen Reihe ist im Eugen Ulmer Verlag von Detlev Ueter "Lamm und Zicklein" erschienen. Der Autor beschäftigt sich schon länger mit der ganzheitlichen Verarbeitung von Tieren und auch der Slowfood-Gedanke liegt ihm am Herzen. Sein Zugang ist ein kulinarischer, hat er doch etliche Jahre in der Spitzengastronomie gewerkt.

In der Warenkunde werden die häufigsten Schaf- und Ziegenrassen vorgestellt. Wo sie leben, welche Fleischqualität zu erwarten ist und bei Schafen ist auch die Fellbeschaffenheit von Interesse. Die Heidschnucke zum Beispiel wird vor allem auf Heideflächen gehalten, da sie auch stark holziges Futter verdauen kann. Ihr Fleisch ist fettarm und schmeckt wildbretartig.

Das Kapitel "Welches Stück eignet sich wofür" ist ebenso reich bebildert, wie das mit den Innereien. Der Schafskopf etwa kann gegrillt, gekocht oder zu einer Sülze weiterverarbeitet werden. Rezepte für Hoden, Kutteln und Zunge fasst der Autor unter dem Titel "Liebhabergerichte" zusammen, denn die sind vermutlich nicht für jedermann ein Leckerbissen. Die Übersicht der Kräuter und Gewürze, welche mit Lamm- und Ziegenfleisch harmonieren, interessiert aber sicher eine breitere Leserschaft.

Die Rezepte umfassen von Lammwürsten über Leberpastete und gegrillten Lammnacken eine gute Auswahl an Bodenständigem mit einigen Anregungen aus dem Mittelmeerraum.

Foto: Eugen Ulmer Verlag

Detlev Ueter

Lamm und Zicklein

Warenkunde, Küchenpraxis und Rezepte
Ulmer Verlag 2018, 160 Seiten, € 20,50
IBAN 978-3-8186-0081-5


Zum Weiterlesen:

Bread is Gold – Massimo Bottura

Leaf to Root

Bitter – Der vergessene Geschmack

Herz und Hoden auf dem Teller

Quinto Quarto – Von Kopf bis Fuß, von Herz bis Niere