Norbert Steger ist der erste blaue Stiftungsratschef.

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Wien – Unbotmäßigen Fragen von Armin Wolf entging Norbert Steger Donnerstagabend turnusbedingt – der Anchorman moderiert die "ZiB 2" in den ersten Tagen der Woche. Und weil Lou Lorenz-Dittlbacher urlaubt, befragte Nadja Bernhard den gerade gewählten Vorsitzenden des wichtigsten ORF-Gremiums.

Der neue, von der FPÖ entsandte Stiftungsratschef fiel zuletzt selbst mit forschen Formulierungen auf: ORF-Korrespondenten warf der frühere FPÖ-Chef und Vizekanzler "nicht korrekte" Berichterstattung vor, er drohte ihnen mit "Streichung" und ORF-Journalisten mit Entlassung, wenn sie gegen von ihm geforderte, schärfte Social-Media-Regeln verstoßen. Wolfs Fragen an Kanzler und Vizekanzler im ORF-Antrittsinterview 2017 fand Steger "unbotmäßig".

Fast türkis-blaue Zweidrittelmehrheit im Rat

Selbst bürgerliche Stiftungsräte der Bundesländer schickten Steger kritische Fragen zu seinem Verständnis des Amts und des ORF. Am Vorabend der Wahl schlossen die Bürgerlichen die Reihen ihrer Räte im Wiener Hotel Triest in Gesellschaft von Medienminister Gernot Blümel (ÖVP). Stunden zuvor sagte Blümel zur Vorsitzfrage: "Das ist Frage des Stiftungsrats. Ich bin schon sehr gespannt auf das Ergebnis."

Der Stiftungsratschef leitet Sitzungen, gestaltet die Tagesordnung – und entscheidet bei Stimmengleichstand etwa bei der Bestellung von ORF-Chefs. Stimmengleichstand im Stiftungsrat ist spätestens seit Donnerstag ein Science-Fiction-Szenario: 15 von 35 Stiftungsräten gehören dem ÖVP-" Freundeskreis" im Stiftungsrat an. Acht gehören zur blauen Fraktion. Ergibt 23 – fast Zweidrittelmehrheit.

"Ich bin kein Oberzensor"

Alfred Trendl (Katholischer Familienverband), den die Regierung in den Stiftungsrat entsandt hat, betont seine Unabhängigkeit. Er stimmte ebenfalls für Steger – weil der Blaue erklärt habe, dass ihm die Auslandskorrespondenten als "Asset" des ORF "besonders am Herzen liegen". Selbst Werner Dax, vom Burgenland entsandt und im nun kleinen SPÖ-Freundeskreis, gewann Steger.

"Ich bin weder der Oberzensor noch der Oberwissende", erklärte Steger nach der Sitzung. "Ich werde nicht bestimmen, was objektiv und was korrekt ist, das bestimmt nämlich jeder Zuseher selbst." Aber: "Ein Aufsichtsrat hat auf Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen."

Wolf schaut nicht mehr bös

Die zuletzt von ihm aufgebaute Drohkulisse habe "positive Auswirkungen" gehabt, findet er. Wie seine frühere Mimikkritik an Armin Wolf: "Er schaut nicht mehr bös", wie es ihm Steger nachsagte, "wenn ein Blauer hereinkommt". Wolf könne "ruhig scharfe Fragen stellen".

Steger wünscht sich "mehr Akzeptanz" für den ORF beim Publikum, "damit er mehr Geld haben darf. Momentan ist ein großer Druck vorhanden, dem ORF Geld wegzunehmen." Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) werden Aussagen zugeschrieben, der ORF solle statt bisher 630 Gebühren-Millionen 300 bekommen.

Steger traut sich nicht zu prophezeien, ob der ORF künftig statt aus Gebühren aus dem Staatsbudget zu finanziert wird. Aber: "Geld wird der ORF brauchen, und mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens gleich viel, wenn nicht mehr. Der ORF soll nicht weniger Geld bekommen", sagt Steger. Er bemühe sich um einen "konstruktiven Reformkurs" der Freiheitlichen für den ORF. Nachsatz, ohne Zeitangabe: "Die Geschäftsführung des ORF ist so was von unbedroht."

Einstimmig wurde Franz Medwenitsch (ÖVP) zum stellvertretenden Vorsitzenden bestellt. Kommende Woche will ORF-Chef Wrabetz die Channel-Manager und -Chefredakteure für ORF 1 und ORF 2 bestellen. (Harald Fidler, 17.5.2018)