Nur wenige Stunden im Amt, schon erhitzt Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) die Gemüter. Mahrer hatte heftige Kritik an den Gewerkschaften geübt. Unter anderem weil die Genossen gegen eine Arbeitszeitflexibilisierung kampagnisierten. Mahrer sprach von "Gräuelpropaganda" bei den Arbeitnehmern und bezeichnete die (Reform-)Gegner sogar als "Gegner der Republik".

Mahrers Vorgänger in der Wirtschaftskammer, Christoph Leitl, war in der Sache oft hart, hat aber immer Wert darauf gelegt, mit Gewerkschaften im Dialog zu bleiben. Leitl war ein Aushängeschild für eine starke Sozialpartnerschaft. Seine Grundsätze: Keine Seite fährt über die andere drüber, und überall, wo es möglich ist, geben die Sozialpartner der Regierung die Linie vor. Die Arbeitnehmer als "Gegner der Republik" zu bezeichnen ist eine klare Abweichung von diesem Ton, wird der Gegner damit doch nicht in der Sache attackiert, sondern diskreditiert.

Mahrer, der Vertraute des Kanzlers, hat zugleich klargemacht, dass er weiter für die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern plädiert. Damit ist er auf Distanz zur Regierung, insbesondere zur FPÖ, gegangen, die versucht, die Sozialpartner zu schwächen und ihren Einfluss zurückzudrängen. Das alles wirkt, als müsste Mahrer sich erst entscheiden: Setzt er die Regierungslinie um, oder will er ein emanzipierter Anführer des Unternehmensverbands sein? (András Szigetvari, 21.5.2018)