Das Bestreben, es allen recht machen zu wollen, ist ein Faktor, der zum Entstehen von Heimweh beiträgt.

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Heimweh schmerzt und kann sogar zu gesundheitlichen und kognitiven Beeinträchtigungen, Lernschwierigkeiten, Zurückgezogenheit und allgemeinen psychischen Problemen führen. Wissenschafter der Karl Landsteiner Privatuniversität in Krems, der University of Cambridge und der Universität Konstanz haben sich der Thematik nun angenommen und eine weltweit einmalige Langzeitstudie zum Heimweh durchgeführt. Ihnen gelang es, die Gefühlswelt Betroffener direkt während eines Auslandsaufenthalt zu erfassen. Das Tool dafür war eine eigens konzipierte Smartphone-App.

"Tatsächlich" so erläutert einer der Studienautoren, Stefan Stieger vom Department für Psychologie und Psychodynamik der Karl Landsteiner Privatuniversität, "wurden die meisten bisherigen Studien zu einem Zeitpunkt durchgeführt, als die Betroffenen bereits wieder heimgekehrt waren. Die Aussagen der Personen wurden dabei natürlich durch die Erinnerung "gefiltert" und beeinflusst. Genau diesen Einfluss haben wir durch die Entwicklung einer App erstmals eliminieren können." Eine Methode, die es auch erlaubte, die Entwicklung von Heimweh über einen Zeitraum von drei Monaten wissenschaftlich zu analysieren.

Zeit hilft am besten

Die Ergebnisse der nun in "Environment and Behavior" veröffentlichten Studie überraschten dann zum Teil auch die Studienautoren. So ergab die Auswertung der Daten, dass Heimweh bereits am Beginn eines Auslandsaufenthalts am stärksten war; danach aber rasch abflaute. Einen kräftigen Effekt der das Heimweh hingegen unterstütze sah das Team in einem Hang zur Neurotik bei den Probanden. Personen, die zu emotionaler Instabilität neigen, empfanden Heimweh stärker als andere Betroffene – genauso wie Personen, die als besonders umgänglich erscheinen, da sie bemüht sind, es allen Personen in ihrem Umfeld recht zu machen. "Das erscheint zunächst vielleicht widersinnig", meint Stieger dazu. "Doch dieser Zusammenhang lässt sich vielleicht damit erklären, dass solchermaßen veranlagte Personen darunter leiden, dass sie den Wünschen und Bedürfnissen von Freunden und Familie zu Hause nicht mehr in ausreichendem Maße gerecht werden können."

Heimweh verringern

Auch Faktoren, die zur Verringerung des Heimwehempfindens beitrugen, konnten im Rahmen der Studie gefunden werden. Diese waren insbesondere die Unterstützung beim Einleben durch die Gasthochschulen, vorherige Auslandsaufenthalte, die freiwillige Bereitschaft, überhaupt ins Ausland zu gehen und die Identifikation mit der Gastnation.

Die Befragung der Probanden erfolgte durch eine eigens entwickelte Smartphone-App. Diese forderte über einen Zeitraum von drei Monaten die Beteiligten auf, einen Heimwehfragebogen zu beantworten. Somit erfolgte die Beantwortung unmittelbar in Phasen, in denen Heimweh empfunden wurde – und nicht Wochen später. Insgesamt nahmen knapp 150 Probanden im Alter von 18 bis 29 Jahren freiwillig an der Studie teil. (red, 23.5.2018)