Die Klubs von SPÖ und Grünen wollen geschlossen für Michael Ludwig stimmen. Der Wahl im Gemeinderat kann er entsprechend entspannt entgegensehen.

Foto: Heribert Corn

Wien – Am Donnerstag um knapp nach 16 Uhr sollte Wien, sofern es zu keinen außerplanmäßigen Verzögerungen kommt, einen neuen Bürgermeister haben. Nach knapp 24 Jahren Regentschaft von Michael Häupl stellt sich Nachfolger Michael Ludwig im Gemeinderat der Wahl – DER STANDARD berichtete live aus dem Wiener Rathaus. Und auch wenn die Oppositionsparteien FPÖ, ÖVP und Neos bereits angekündigt haben, nicht für Ludwig zu stimmen, kann der 57-Jährige relativ entspannt bleiben: Die Klubs von SPÖ und Grünen wollen geschlossen für Ludwig votieren. Für eine erfolgreiche Wahl ist eine einfache Mehrheit nötig. Diese hält die rot-grüne Stadtregierung mit 54 von 100 Mandataren.

Beitrag aus der ZiB um 7 Uhr.
ORF

"Die Wahl wird reibungslos über die Bühne gehen", sagte SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch dem STANDARD. Landesparteisekretärin Barbara Novak versicherte, dass die SPÖ-Fraktion geschlossen hinter Ludwig stehe: "Die Medien wünschen sich einen spannenden Thriller, werden aber vonseiten der roten Gemeinderatsfraktion nur Idylle zu sehen bekommen", sagt sie.

Keine Tricks bei den Grünen

Der grüne Juniorpartner in der Stadtregierung will diese Harmonie nicht stören und pakt- treu bleiben – trotz des jüngsten Vorpreschens Ludwigs in puncto Alkoholverbot am Praterstern, das die Grünen vehement ablehnen. "Der grüne Klub steht geschlossen hinter der Koalition mit der SPÖ", sagte ein Sprecher. Das schließe die Wahl Ludwigs, der seit Jänner 2007 Wohnbaustadtrat ist, mit ein. Ludwig werde "aktiv von allen grünen Abgeordneten gewählt", hieß es zum STANDARD.

Michael Ludwig wird der achte Wiener Bürgermeister seit 1945.
Der Standard

Stimmenthaltungen oder Kniffe wie ein Verlassen des Raums kurz vor der Abstimmung wird es demnach nicht geben. Ludwig könne mit zehn grünen Stimmen und damit einer klaren Mehrheit rechnen – "sofern nicht irgendjemand noch überraschend krank wird".

Keine Abweichler erwartet

Dass es in der geheimen Abstimmung symbolische Abweichler gibt, um Kritik an Ludwig zu üben, wird von Rot-Grün ausgeschlossen. Unwahrscheinlich war dieses Szenario nicht: Ludwig dürfte es mit der Auswahl seines neuen Teams aber gelungen sein, die zerstrittenen Lager in der SPÖ weitgehend zu besänftigen.

Am Nachmittag stehen neben Ludwig auch die neuen Stadträte zur Wahl: Peter Hanke (Finanzen und Wirtschaft), Veronica Kaup-Hasler (Kultur), Kathrin Gaal (Wohnen und Frauen) sowie Peter Hacker (Gesundheit und Soziales) stellen sich den Abgeordneten. Auch hier sollte es – geht es nach den Klubs von Rot und Grün – bei der Abstimmung im Gemeinderat keine Überraschung geben.

Die neue Wiener Stadtregierung.
Der Standard

Für diese könnten Mandatare der Opposition sorgen, wenn sie für die roten Stadträte stimmen. Nach der Wien-Wahl 2015 stimmten etwa sogar Teile der FPÖ für Wohnbaustadtrat Ludwig. Diese Zuneigung der Freiheitlichen ist mittlerweile verflogen: Ludwig sagte im Jänner 2018, dass er sich keine Koalition mit der FPÖ vorstellen könne – auch nicht nach den kommenden Wien-Wahlen, die regulär für 2020 terminisiert sind.

Angebot für Wähler

Die in den vergangenen Jahren zur FPÖ abgewanderten Wähler hätte Ludwig aber schon gerne wieder. Um diesen wieder Heimat bei den Roten zu bieten, sind aber Angebote nötig. Mit Spannung wird daher auch Ludwigs Rede im Gemeinderat erwartet, bei der er um etwa 11 Uhr seine Pläne für Wien skizzieren wird. Ein Pflock wurde bereits mit der Verhängung des Alkoholverbots am Praterstern eingeschlagen, um die Alk- und Obdachlosenszene zu vertreiben.

Schon 2015 wurde der Zugang zu geförderten Wohnungen von Ludwig verschärft, langjährige Wiener werden bevorzugt behandelt. Ludwig kündigte an, diese Maßnahme auf andere Bereiche in der Stadt auszudehnen. So wurde auch eine Wartefrist bei der Mindestsicherung angedacht, die Verschärfung würde vor allem Asylberechtigte betreffen.

Die Gemeinderatssitzung beginnt wie gewohnt um 9 Uhr. Ungewohnt ist, dass sie mit der letzten Rede von Häupl als Bürgermeister anhebt. Danach folgen Wortmeldungen aller Parteien. Schon am Mittwoch stellten die Grünen ein Video ins Netz: "Thank you for being leiwand" heißt es zu cartoonartigen Bildern Häupls – samt Irokesenfrisur.

Neuer Klubchef erst Ende Juni

Als weiterer personeller Wechsel in der Wiener SPÖ wird am Freitag im Landtag Ernst Woller zum Nachfolger von Präsident Harry Kopietz gewählt. Und Christian Oxonitsch, der bereits seinen Rücktritt als Klubchef der Roten verkündet hat, bleibt länger als geplant. Denn das Wahlkomitee, das über seine Nachfolge berät, wird erst im Juni tagen. Einen Termin gibt es noch nicht. Die formale Übergabe erfolgt Ende Juni.

Neues gibt es auch beim Presse- und Informationsdienst (Pid) der Stadt: Leiter Paul Weis wird – neben Hanno Csisinko – Sprecher von Ludwig. Die Stelle als Pid-Chef wird neu ausgeschrieben. (David Krutzler, 23.5.2018)