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Mädchen darin bestärken, dass sie alles können. Das forderte Meghan in ihrer UN-Rede – während sie ihnen heute als Herzogin von Sussex vorlebt, dass auch Ehefrau ein Beruf sein kann.

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Rebellinnenimage leicht gemacht – Kristen Stewart macht es vor.

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Nach Hollywood ist der Feminismus nun angeblich auch in die britische Monarchie eingezogen. In zahlreichen Berichten über die Trauung von Meghan und Harry wurde die progressive Kraft durch Megan Markles soziale und ethnische Herkunft abgefeiert. Und obwohl die frischgebackene Herzogin von Sussex ihr altes Leben zeitgleich mit ihrer Hochzeit aufgibt, geht sich für sie trotzdem noch das Attribut "feministisch" aus.

Ganz selbstverständlich wurde von der "Hollywood-Schauspielerin und Feministin" geschrieben, eine "erfrischend moderne und unkonventionelle" Kombination ("Süddeutsche Zeitung"). Schuld an diesem Image ist etwa, dass sich die elfjährige Meghan für Gleichstellung eingesetzt hatte, wie berichtet wird. Sie schrieb einen Brief an einen Waschmittelhersteller, darin kritisierte sie, dass bei der Bewerbung seines Produkts der Eindruck vermittelt werde, dass Frauen in die Küche gehörten. Davon erzählte Markle auch bei einer Rede für UN Women im Jahr 2015. Sie spricht darin auch darüber, dass Mädchen gleichwertig sind, nicht besser, nicht schlechter, einfach gleich viel wert. Das Publikum und auch sie selbst sind gerührt von dieser Botschaft.

WHAT WE SEEE

Und schließlich wurde auch noch ein Satz von Markle besonders gern zitiert: "Ich bin stolz darauf, Frau und Feministin zu sein." Das genügte, um dem britischen Königshaus die längst überfällige Ankunft im 21. Jahrhundert zu attestieren.

Haben es feministische Gesinnungen tatsächlich in derart elitäre Gesellschaftsschichten wie den europäischen Hochadel geschafft? Oder ist das "F-Wort" mit der jüngsten Aufwertung der Frauenbewegung durch #MeToo schlichtweg zu einem wirksamen Marketing-Kniff verkommen, mit dem sich Promis mal schnell eine Prise politisches Kapital verschaffen können?

Man muss für letzteren Schluss nicht besonders heftig an der Oberfläche kratzen. Und die Neomonarchin Meghan liefert dafür nicht als einziger Promi Hinweise, wobei vor allem ein "royaler Feminismus" für Paradoxien sorgt: schier endloser Besitz, Privilegien und sozialer Status qua Geburt wie in der Monarchie? Die Spannweite hin zu feministischen Ideen nach politischer, ökonomischer und sozialer Gleichstellung und Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern und im Grunde zwischen allen Menschen ist riesig. Ganz abgesehen davon, dass der Feminismus genau jene Selbstaufgabe einer Ehe wegen erfolgreich bekämpft hat, die nun mit der Prinzenhochzeit wieder als allgemein gültige Selbstverständlichkeit verpackt wird. Die Ehe machte die jetzige Mountbatten-Windsor zur Exschauspielerin, bezahlt werden ihre Klamotten von Prinz Charles, gesteuert wird ihr Look von StylistInnen des Königshauses. Es wird wohl "wer zahlt, schafft an" gelten. Trotzdem wird die 36-Jährige mit Feminismus in Zusammenhang gebracht.

Brave Rebellinnen

Für Meghan wie auch andere Prominente ist "Feminismus" inzwischen ein wichtiger Faktor in der Selbstvermarktung geworden, allerdings in einer extrem abgespeckten und entpolitisierten Variante. Medial wird die Feminismus-Marke derzeit freudig aufgegriffen, um über Stars berichten zu können und jede noch so offensichtlich kalkulierte Geste als feministisch zu interpretieren. Etwa kürzlich bei Kristen Stewart in Cannes. Die Schauspielerin zog sich vergangene Woche während der Filmfestspiele in Cannes ihre High Heels aus, was sogleich als rebellischer bis feministischer Akt gegen die ungeschriebene Gesetze zu Schuhabsätzen bei dem Festival interpretiert wurde.

Ein Gebot, dem Stewart zum Fotografentermin erst brav folgte, um die Schuhe kurz danach, noch immer auf dem roten Teppich vor hunderten Fotografen, auszuziehen. Das klingt eher nach professionellem Posing denn nach rebellischem Draufpfeifen. Stewart trägt, während sie angeblich feministisch barfuß ist, natürlich ein Kleid aus dem Hause Chanel, mit dem sie durch Werbeverträge eng verbandelt ist.

"Ein bisschen fett"

Dass dessen Chefdesigner Karl Lagerfeld sich extrem abfällig über die aktuelle Debatte hinsichtlich sexueller Übergriffe äußert und auch mit frauenfeindlichen Aussagen nicht geizt, scheint für Stewart kein Problem zu sein. "Sie ist ein bisschen fett", fiel ihm etwa zu Sängerin Adele ein, und weil er Pippa Middletons Gesicht nicht mag, solle sie sich laut Lagerfeld doch bitte nur von hinten zeigen. Auf Chanel-Kleider pfeifen, weil einer derlei misogyne Sprüche nicht passen? Das ginge schon eher in Richtung feministisches Statement als die Schuhaktion, die Stewart nichts kostet – sondern im Gegenteil ordentlich Publicity bringt.

Feministische Versatzstücke wurden somit Teil der Inszenierung des Starselbsts. Für die Bewerbung von Produkten gilt das schon lange, wie Popfeminismus-Fachfrau Andi Zeisler in ihrem Buch "Wir waren doch mal Feministinnen. Vom Riot Grrl zum Cover Girl" analysiert. Schon seit den 1970ern wird in vielen Werbekampagnen die Autonomie von Frauen vor allem als Freiheit zum Konsum gedeutet – und dementsprechend genutzt. Bereits in 40 Jahre alten Parfumwerbungen dockte man an die Botschaften der Frauenbewegung an und inszenierte Frauen als selbstbewusst, unabhängig und entschlossen, zum Beispiel die Marke Revlon.

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Heute wird die Verknüpfung von Konsum und politischer Botschaft ganz offenkundig genutzt. Dieser Spot wirkt eher wie ein feministisches Projekt denn eine Werbung für Slipeinlagen.

Always

Er lässt beinahe vergessen, worum es letztendlich, sympathischer Spot hin oder her, geht: darum, Frauen dazu zu bringen, dieses Produkt zu kaufen.

Ähnliches scheint nun nach dem besonders starken Feminismus-Boom der letzten Monate in der Selbstvermarktung von Stars zu passieren. Ein Boom, der allerdings durch #MeToo ausgelöst wurde und somit auch von Stars vorangetrieben wurde – und tatsächlich eine wichtige feministische Wirkung fernab von Reichtum und Prominenz hat. "Promifeminismus" kann also nicht per se als Mittel zum Selbstzweck abgetan werden. Er ist aber leicht als solcher zu erkennen, wenn ihm jene Zähne gezogen wurden, die in den Debatten noch immer wehtun. Mit Feststellungen, dass die Geschlechter doch gleichberechtigt seien oder dass Gewalt gegen Frauen falsch ist, lehnt man sich nicht mehr aus dem Fenster – jenen Feministinnen sie dank, die sich schon so nannten, als dieses "Label" noch alles andere als hip war.

Hässlich wird es allerdings auch heute noch, wenn es konkret darum geht, was diese Gleichwertigkeit im Alltag tatsächlich bedeutet, wo Diskriminierung genau beginnt oder wie sexueller Gewalt beizukommen ist. Wer zu Quotenregelungen, Sexualstrafrecht, Abtreibung, Schönheitsregimen oder anderen heiklen frauenpolitischen Themen konkrete Lösungsvorschläge äußert, gewinnt garantiert keinen Beliebtheitswettbewerb mehr. Ein Risiko, das prominente Frauen wie Meghan Markle oder Kristen Stewart mit ihrem Feminismus superlight nicht eingehen. (Beate Hausbichler, 25.5.2018)