Die Fassade an der Adresse Mariahilfer Gürtel 1 wurde mithilfe alter Bauakten rekonstruiert.

Foto: Alexander Wurditsch

Nun soll das Dachgeschoß noch zweistöckig ausgebaut werden.

Foto: Alexander Wurditsch

Der Blick aus der U6 auf die Häuser entlang des Gürtels kann trist sein: Viele Hausfassaden sind von Jahren der vorbeiziehenden Verkehrskolonnen dunkelgrau geworden, manche Häuser wirken stark renovierungsbedürftig.

So war das auch bei einem Haus an der Ecke Mariahilfer Gürtel und Sechshauser Straße viele Jahre lang. Das vierstöckige Zinshaus, Baujahr 1907, ließ in den letzten Jahren nur noch mit viel Fantasie erahnen, wie es einst ausgeschaut hat. Die Jugendstilelemente des Hauses blieben unter der schmutzig-grauen Fassade verborgen.

Seit März ist die Fassade nun wieder strahlend weiß mit goldfarbenen und mintgrünen Jugendstilelementen. "Wir haben uns alte Pläne aus dem Bauakt gesucht", sagt Thomas Urbanek, einer der Projektentwickler. Die Vorbesitzer lebten in Israel und England und konnten sich, so Urbanek, lange nicht entscheiden, was sie mit dem Haus anfangen wollten. Jahrzehntelang wurde dann gar nichts gemacht.

Die Projektentwicklungsgesellschaft Sechshauserstraße 2 Betriebs Gmbh hat das Gebäude 2014 gekauft. Damals standen laut Urbanek acht Wohnungen bereits leer, aus denen im Zuge der Sanierung zehn etwas kompaktere Wohneinheiten wurden: "Der Gürtel ist nicht die richtige Gegend für 110 Quadratmeter große Wohnungen."

Parkett und Stuck

Bei der Sanierung wurde Wert auf das Beibehalten der Altbauelemente gelegt: auf dem Boden Parkett, an der Decke Stuck. Und im Eingangsbereich mancher Wohnungen befindet sich ein Bassena-Becken, bei dem sich die Bewohner früher am Gang Wasser ihr Wasser holten.

Ein Großteil der sanierten Wohnungen wurde bereits verkauft, laut Urbanek wurden dafür Quadratmeterpreise zwischen 3450 und 3950 Euro bezahlt. Ein Teil der Eigentümer werde die Wohnung selber nutzen, andere hätten für ihre Kinder eingekauft. Und auch das Vermieten über temporäre Buchungsplattformen wie Airbnb ist im Wohnungseigentumsvertrag explizit gestattet.

Gleich mehrere Wohnungen seien mit dem Plan gekauft worden, sie auf Airbnb zu vermieten, sagt Urbanek. Die Lage in der Nähe des Westbahnhofs sei dafür ideal. Die lästige Schlüsselübergabe an Gäste falle zudem weg: Bei der Eingangstür wird es ein schlüsselloses Zutrittssystem geben.

"Prachtstraße" Gürtel

Außerdem wohnen noch fünf Altmieter im Haus. Ihnen seien zwar Angebote gemacht worden, um sie zum Auszug zu bewegen, "aber das hat niemand angenommen". Einer der Altmieter im Haus bezahle sogar noch den besonders günstigen Friedenszins.

Zwei Wohnungen ganz oben im Haus sind derzeit noch zu haben, aus "taktischen Gründen", so Urbanek. Das Dachgeschoß darüber wird nämlich voraussichtlich ab Herbst zweigeschoßig ausgebaut. Ganz zum Schluss sollen dann auch noch Eingangsbereich und Stiegenhaus saniert werden.

Die Rückmeldungen auf die Sanierung seien durchwegs positiv gewesen, so Urbanek. Vor zwei Jahren habe es in der Branche noch viele Skepsis bezüglich der aufwendigen Sanierung eines Gürtelhauses gegeben.

Der neue Glanz werde dem Haus nun mindestens 15 Jahre erhalten bleiben, glaubt Urbanek. Trotz starken Verkehrsaufkommens vor der Haustür: "Natürlich dunkelt die Fassade nach, aber der Stil und die Farben bleiben."

Am Gürtel gebe es noch viele weitere schöne Häuser, die unterschätzt werden, ist der Projektentwickler überzeugt: "Der Gürtel war immer schon die zweite Prachtstraße Wiens." Der Verkehr sei in 20 Jahren kein Thema mehr: "Dann wird jeder sagen: ‚Hätte ich doch am Gürtel gekauft.‘" (Franziska Zoidl, 5.6.2018)