Liste Dr. Martin, Team Stronach, Liste Pilz: Parteien, die ihre Gründungsväter im Namen führen, können hierzulande mittlerweile als unwägbare Himmelfahrtskommandos bezeichnet werden – denn die streitbaren Persönlichkeiten gelten in der Regel als vorrangiges Programm.

Wie schon der ehemalige Aufdecker im EU-Parlament und der milliardenschwere Austrokanadier treibt Peter Pilz anstatt der politischen Gegner den eigenen Parlamentsklub vor sich her – und das, obwohl er für sein Politprojekt bisher nie wirklich Verantwortung übernommen hat.

Das begann schon mit dem wochenlangen Hin und Her im vergangenen Sommer, ob er überhaupt eine Partei ins Leben rufen wolle. Das setzte sich fort, indem Pilz eine Liste zusammenstellte, bei der nicht einmal ein halbes Dutzend Personen Mitglieder sind, für die man aber sehr wohl Parteienförderung kassiert. Und das erreicht nun, nach Einstellung der Ermittlungen angesichts diverser Vorwürfe wegen sexueller Belästigung, seinen vorläufigen Höhepunkt – weil Pilz seinen achtköpfigen Klub drängt, ihn jetzt doch sein Mandat annehmen zu lassen. Doch keiner will ihm Platz machen.

Dabei ist seine Liste vor kurzem noch als Kontraangebot zu den etablierten Parteien angetreten, deren Vertreter allesamt so sehr auf ihren Sesseln kleben. Dem einengenden Klubzwang sagte man den Kampf im Hohen Haus an, stattdessen rief man sich lieber als Bürgerbewegung aus, bei der alles, einfach alles transparent ablaufen solle.

Transparente Streitereien

Doch transparent sind derzeit vor allem die Streitereien, die sich rund um Pilz und seine Kollegen abspielen. Da stellt die für ihn nachgerückte Abgeordnete Martha Bißmann angeblich einen Sermon an Bedingungen für die Übergabe ihres Mandats, der einem höchst unmoralischen Angebot gleichkommt – oder unglaublicher Hybris geschuldet war. Geschäftsführende Parteichefin wollte sie werden, bestimmte Mitglieder aus der Partei haben und, und, und. Parallel dazu lancierte Bißmann medial die jüngsten Vorgänge bei der Liste – zog ihren Forderungskatalog doch wieder zurück und behauptet nun, der sei im Kollektiv entstanden.

Doch damit nicht genug, Noch-Klubchef Peter Kolba legte in einem offensichtlichen Revancheakt prompt dieses unwürdige Herumgefeilsche offen – mit einem Dokument der Peinlichkeit. Geht’s noch schlimmer?

Definitiv: Trotz alledem sieht sich Parteigründer Pilz immer noch als Mandatar in den zwei anstehenden U-Ausschüssen zu den Affären beim Verfassungsschutz sowie zur Causa Eurofighter. Gleichzeitig tut sich gegen ihn jedoch ein neues Verfahren nach dem anderen auf, weil alte Feinde offenbar noch Rechnungen mit dem einst unerschrockenen Wortführer offen haben. Außerdem wälzt die politische Konkurrenz dem Vernehmen nach bereits Überlegungen, wie man Pilz von den parlamentarischen Untersuchungen fernhalten könne. Auch das alles spricht für sich.

Das Wesen abgehobener Politik ist stets ein gewisser Realitätsverlust – dass man nicht weiß, wann genug einfach genug ist. Und auch, wann der einst leuchtende Stern leider im Sinken begriffen ist. Obwohl diese Legislaturperiode wohl noch viereinhalb Jahre andauert, steht jetzt schon fest: Was Pilz und seine Liste bisher schon an Kollateralschäden angerichtet haben, schadet dem Ruf der gesamten Politbranche. Die Vorgänge dort sind zum Fremdschämen. (Nina Weißensteiner, 29.5.2018)