Sara Gilbert spielte Darlene, Postergirl der Working-Class-Sitcom.

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"Roseanne" ist zurück – und nach einer Staffel auch schon wieder Geschichte: Aufgrund eines rassistischen Tweets von Produzentin und Protagonistin Roseanne Barr setzte der US-Sender ABC die Ende März gestartete Neuauflage der 1990er-Jahre-Kultserie ab. Schon zuvor hatte Barr vor allem als Verschwörungstheoretikerin und Trump-Unterstützerin von sich reden gemacht. "Boycott Roseanne", forderten verärgerte UserInnen schon vor ihrem Tweet, in dem sie Valerie Jarrett, eine frühere Beraterin des US-Präsidenten Barack Obama, beleidigte und der jetzt wohl einen endgültigen Schlusspunkt hinter der Sitcom setzte.

Im Zentrum der Fortsetzung stand weniger Roseanne – deren in Staffel neun verstorbener Seriengatte (John Goodman als Dan Conner) kurzerhand wiederbelebt wurde –, sondern deren erwachsen gewordene Tochter Darlene (Sara Gilbert), inzwischen zweifache Mutter.

Zumindest für zornige Heranwachsende war Darlene immer schon das Postergirl der Working-Class-Sitcom. Erst ambitionierter Tomboy mit ausgeprägter Liebe für Baseball und Basketball, verwandelte sich die mittlere Tochter im Hause Conner schließlich in eine Tierrechtsaktivistin und Poetin mit messerscharfem Verstand – Außenseiterstatus im tristen Lanford inklusive.

Dazugehören wollte Darlene aber erst gar nicht: Statt auf glitzernde Cheerleader-Outfits setzte die androgyne Heldin auf Flanellhemden in Übergröße und unerbittlichen Sarkasmus ("Ich rauche kein Marihuana, das dämpft meinen Hass"). Eine Romanze war schließlich auch der Antiromantikerin beschert: David Healy (Johnny Galecki), Bruder des verhassten Ehemanns von Schwester Becky, ordnete sich hingebungsvoll seiner dominanten Freundin unter und konnte mit traditionellen Geschlechterrollen ebenso wenig anfangen wie Darlene selbst.

Schmerzhafter Realismus

Darlenes Liebe zum Schreiben führt sie schließlich an eine angesehene Kunsthochschule in Chicago – und damit auf den immer schon ersehnten Weg: raus aus der Provinz, raus aus dem engen ArbeiterInnenmilieu der Vorstadt. Hier zeigte die Sitcom, die weiße Working-Class-Lebenswelten im Mittleren Westen tragikomisch und mit einer ordentlichen Portion politischen Realismus porträtiert, ihre erzählerische Stärke: Den zunehmenden eigenen Klassismus der Bildungsaufsteigerin etwa, wenn Darlene den Saustall in Roseannes Haus bekrittelt, machen die AutorInnen ebenso zum Thema wie die Herkunftsprägung: Der mütterliche Wunsch "Du sollst es einmal besser haben als ich" funktioniert dann doch oft nur in Hollywood.

Brion

So ist es nur konsequent, dass die erwachsene Darlene in Staffel zehn nicht als gefeierte Autorin in den elterlichen Haushalt zurückkehrt, sondern als arbeitslose Alleinerzieherin, die eine vorübergehende Bleibe sucht. "Hier sieht alles noch genauso aus wie früher", sagt dann Exmann David, als er nach langer Zeit wieder bei den Conners auftaucht. "Es ist ein Einrichtungsstil, den man Armut nennt", antwortet Darlene. (Brigitte Theißl, 30.5.2018)