Mangelhafte Gutachten als Basis für den Abriss der Villa Freudeck in Bregenz.

Foto: Julia Fuchs

Bregenz – Fragen und Beschwerden zu Baurecht, Raumordnung und Verkehr sind die Hauptthemen, die Bürgerinnen und Bürger beschäftigen, sagt Vorarlbergs Landesvolksanwalt Florian Bachmayr-Heyda. 202 Anfragen gingen dazu 2017 ein. Berichtet der Volksanwalt über seine Beratungs- und Prüfungstätigkeit im Vorjahr, verwendet er immer wieder das Wort "kurios", um Entscheidungen der Gemeinde-, Bezirks- und Landesbehörden zu beschreiben.

Fünf Fälle aus dem Bereich Bau- und Raumordnung pickte sich Bachmayr-Heyda bei der Präsentation seines Berichtes heraus, um fragwürdige Behördenentscheidungen rund um das Bauen zu illustrieren: "mangelhafte Gutachten", mit denen die Stadt Bregenz ihren Abbruchbescheid für ein historisch wertvolles Gebäudes begründet. Ein aus Sicht des Landesvolksanwalts "schlampiges", obwohl neues Campinggesetz, das eine Bezirksbehörde heranzieht, um Überdachungen von Wohnwagen ohne Baugenehmigung zu rechtfertigen. Eine Gemeinde, die den eigenen Bebauungsplan ignoriert, eine andere, die eine Reitsportanlage ohne entsprechende Flächenwidmung genehmigt. Und schließlich die Bewilligung eines Industriebaus ohne Rücksicht auf Flächenwidmung und Ortsbild- und Landschaftsschutz in Hohenems.

Schlendrian und Wirtschaftsinteressen

Der Landesvolksanwalt sieht mehrere Gründe für Fehlentscheidungen. Über die Jahre habe sich ein gewisser Schlendrian bei den Behörden eingeschlichen, kritisiert er Gemeinden und Bezirksbehörden, die Gesetze nicht genau befolgen. Andererseits spiegle die Bewilligungspraxis auch die Grundhaltung der Landesregierung wider.

Fehlentscheidungen wie jene zum Bau eines Hochregallagers in Hohenems seien großer Wirtschaftsfreundlichkeit geschuldet. Obwohl das Raumplanungsgesetz einen Interessenausgleich vorsehe, würden alle anderen Interessen jenen der Wirtschaft untergeordnet. Bachmayr-Heyda: "Man biegt Gesetze bis aufs Äußerste."

Weniger flexibel zeige man sich bei Anregungen zu Gesetzesänderungen, die der Landesvolksanwalt aus eigener Initiative oder stellvertretend für Bürgerinnen und Bürger einbringt. So wurde die angeregte Stärkung der Nachbarschaftsrechte bei Baugrundlagenbestimmungen und Abbruch von Gebäuden vom Amt der Landesregierung abgelehnt. Die Begründung: Mehr Nachbarrechte würden dem Ziel der Verfahrensvereinfachung widersprechen.

Langes Nachdenken

Nicht ganz abgelehnt wurden Bürgeranregungen zur Verbesserung des Ortsbildschutzes. Ob Gebäude künftig vor einem Abbruchbescheid auf ihre (bau)historische Bedeutung geprüft werden und Maßnahmen zum Ortsbildschutz wie in anderen Bundesländern gesetzlich verordnet werden, darüber denkt man im Landhaus noch nach. Man werde prüfen, ob die Erstellung eines Ortsbildinventars für Vorarlberg möglich sei, um dann zu beurteilen, ob weitere rechtliche Maßnahmen gesetzt werden sollen, wurde dem Volksanwalt mitgeteilt. Geprüft wird im Landhaus nun schon seit Monaten.

Für zwei Gebäude, um die Bürgerinitiativen kämpften, kommt das Inventar – so es denn kommt – auf jeden Fall zu spät. Das alte Gasthaus Torggel in Röthis (Bezirk Feldkirch) wird abgerissen, eine Wohnanlage errichtet. In den nächsten Tagen wird die Villa Freudeck in Bregenz, Teil eines einzigartigen Villenensembles des Architekten Georg Baumeister, einer Luxuswohnanlage weichen müssen. Für den Erhalt der Villa hatten sich bundesweit Experten und Initiativen eingesetzt.

Zum Trost für die Ortsbildschützer wurde von der Stadt ein Ortsbildinventar in Auftrag gegeben. Mit Bürgerbeteiligung im Frühling, versprach die schwarz-grüne Stadtregierung. Eingelöst wurde das Versprechen bisher nicht. (Jutta Berger, 1.6.2018)