Bildreich und ohne Worte: das Gastspiel "Grasland".


Foto: Lotte Stek

Joj! Da gibt es aber echt was zu sehen: ein Mann im Skelettoverall, ein Paar in einem Duschvorhangkostüm, drei Damen in schwarz-weißen Ensembles mit Styroporkugelröcken, sechs fantasievoll bekleidete Menschen, die in Reihenformation ein Flugzeug ergeben (die Stewardess ist schick, so schick ...), Typen in Kinderzeichnungskostümen – tanzende, farbige, gute Laune machende Strichmännchen.

Es geht weiter mit acht Bräuten mit floral verzierten Sauerstoffmasken, die einen blumig-poetischen Kopfschmuck ergeben, wenn sie nach hinten gekippt werden. Es folgt eine Frau in einem Beulenpestkostüm, dann eine Prinzessin mit Reifrock samt Ösen ... Da gibt es ja Kreativeres, Fantastischeres zu sehen als bei den großen Schauen in Paris und Mailand! Verdammt: Wo ist der Moderedakteur, wenn man ihn braucht?

Mit leichter Hand

Die heuer von Thomas Desi kuratierten Musiktheatertage Wien haben die Gruppe Soharóza aus Budapest eingeladen, mit ihrer Produktion Tabu Kollekció das Festival zu eröffnen. Der Schwerpunkt des Werks liegt eindeutig auf dem Aspekt der Kollektion, denn die irre tollen, gern ins Skulpturale auswuchernden Kostüme von Fruzsina Nagy sind einfach eine Augenweide und Seelenfreude. Die damit dargestellten Tabus – Menstruation, Flugzeugabstürze u. v. m. – werden auf dem Catwalk augenzwinkernd, mit leichter Hand und beschwingten Fußes präsentiert.

Die 24 Models ziehen sich nicht nur fix um, sondern singen auch alle fast durchgehend: Requiemartiges, ungarische Kinderlieder, Beswingtes, Lateinamerikanisches. Der meist mehrstimmige Gesang wird mit pulsierenden Beats und spacigen Klängen unterfüttert (Musik: Dóra Halas). Die Schauen von Chanel, Dior und Co dauern ja meist nur wenige Minuten, dieses ungarische Panoptikum entrollt sich eine knappe Stunde lang: zum Glück! Euphorie im Werk X. (sten, 4.6.2018)