Die Schwarznarbenkröte macht Madagaskars Tierwelt Probleme.

Foto: APA/Gerhard Aubrecht/Biologiezentrum des OÖ Landesmuseums

München – Die Schwarznarbenkröte ist die häufigste Krötenart in Süd- und Südostasien. Während dort ihre Fressfeinde mit ihrem Gift zurechtzukommen scheinen, sieht es andernorts wesentlich problematischer aus: Die Einschleppung von Duttaphrynus melanostictus nach Madagaskar lässt befürchten, dass die giftige Amphibie verheerende Auswirkungen auf die bereits stark bedrohte Tierwelt der Insel haben könnte.

Ein internationales Forscherteam berichtet nun über genetische Befunde, die zeigen, dass diese Ängste durchaus begründet sind: Fast alle in Madagaskar heimischen potenziellen Fressfeinde sind empfindlich für das Krötengift. Wenn sie die Kröten fressen, könnte das für sie tödlich sein.

"In Australien hat die Einschleppung von Agakröten zu einer tiefgreifenden Störung vieler Ökosysteme geführt, indem wichtige Räuber durch die Krötengifte aus lokalen Nahrungsnetzen entfernt wurden", sagt Wolfgang Wüster von der britischen Universität Bangor. "Ähnliche Auswirkungen werden wahrscheinlich auch in Madagaskar auftreten, wo Kröten ebenfalls niemals vorkamen. Fressfeinde, die häufiger Kröten erbeuten und nicht schnell lernen, sie zu vermeiden, werden wahrscheinlich seltener oder könnten sogar aussterben."

Seltene Widerstandskraft gegen das Gift

Kröten können giftige Substanzen, sogenannte Bufadienolide, absondern, die viele Arten von Räubern töten, indem sie die Natrium-Kalium-Pumpe, einen essenziellen Bestandteil tierischer Zellmembranen, hemmen. Es ist jedoch bekannt, dass einige Spezies eine Resistenz gegen diese Toxine entwickelt haben, die sich an spezifischen Punktmutationen im Gen für dieses Enzym erkennen lässt. Die Ankunft der giftigen und invasiven Schwarznarbenkröten in Madagaskar führte zu heftigen Diskussionen über ihre wahrscheinlichen Auswirkungen und die Maßnahmen, die ergriffen werden sollten, um sie zu kontrollieren oder auszurotten.

"Bisher war völlig unklar, ob in Madagaskar heimische Räuber tatsächlich empfindlich für das Krötengift sind. Das wurde zwar von Naturschützern generell angenommen, aber konkrete Beweise gab es dafür nicht", sagt Co-Autorin Andolalao Rakotoarison, Biologin an der Technischen Universität Braunschweig und der Universität Antananarivo auf Madagaskar.

Nur eine Spezies zeigt Resistenzen

Um diese Wissenslücke zu schließen, analysierten die Forscher Sequenzen des Na+/K+-ATPase-Gens von 77 madagassischen Arten, die sich möglicherweise von Kröten ernähren, darunter 27 Schlangen, zwei Echsen, zwölf Frösche, acht Säugetiere und 28 Vögel. Ihre Studien zeigten, dass nur eine einheimische Art, ein Nagetier, Anzeichen einer Resistenz gegen das neue Toxin zeigte.

"Unsere Ergebnisse bestätigen, dass die invasiven Kröten wahrscheinlich große Auswirkungen auf viele endemische Arten in Madagaskar haben werden, was die bestehenden Naturschutzprobleme des Landes weiter verschärft und möglicherweise viele bekannte Arten wie zum Beispiel Tenreks und Fossas gefährdet", sagt Co-Autorin Friederike Woog vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart. Es ist daher von großer Wichtigkeit, die Verbreitung dieser gebietsfremden Art zu kontrollieren, um eine größere Biodiversitätskrise zu verhindern.

Gefahr für Fische, Käfer und Krebstiere

Co-Autor Frank Glaw, Spezialist für madagassische Amphibien an der Zoologischen Staatssammlung München, weist darauf hin, dass die giftigen Kaulquappen der Kröte auch endemische Fische und wirbellose Räuber wie Wasserkäfer, Libellenlarven und Krebstiere gefährden könnten. Eine ähnliche Studie wird daher benötigt, um die Anfälligkeit der aquatischen Prädatoren Madagaskars zu bewerten.

"Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Arten, die von einem Teil der Welt in einen anderen eingeführt werden, natürliche Ökosysteme stören können", sagt Ben Marshall, Masterstudent an der Universität Bangor und Erstautor der Studie. "Die Verhinderung von Einschleppungen invasiver Arten muss für die Erhaltung der biologischen Vielfalt oberste Priorität haben." (red, 5.6.2018)