Medienminister, bitte kommen: Berater Hans Gasser.

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Er ist im Advisory Board des international aktiven Silicon-Valley-Start-ups Updademi, war schon Geschäftsführer der Süddeutschen Zeitung und des Wirtschaftsblatts, Aufsichtsratschef der APA und Präsident des Zeitungsverbands. Sebastian Kurz hat den Medienberater Hans Gasser (67) 2017 ins Verhandlungsteam von ÖVP und FPÖ über das türkis-blaue Regierungsprogramm zur Medienpolitik geholt.

Nun setzt der Mitverhandler und heutige Medienminister Gernot Blümel den nächsten Programmpunkt auf dem Weg zu neuen, türkis-blauen Mediengesetzen: Am Donnerstag und Freitag lädt Blümel zur Enquete ins Museumsquartier. Gasser wirkt nicht begeistert von der Besetzung – und ihrer medienpolitischen Tendenz.

Gasser lobt das Ziel, "alte Muster – ORF gegen private Medien – aufzubrechen". Denn: "Kooperation ist das Gebot der Stunde der digitalen Medienwelt." ORF und private Medien arbeiten schon an gemeinsamer Vermarktung und einem gemeinsamen Log-in-Standard für Userinnen und User. Gassers Aber: "Das Programm trägt zu sehr die Handschrift des Privatsenderverbands": Keynote-Speaker größtenteils aus Deutschland, "Österreicher können dann über ihre Ansagen diskutieren".

Beschneidung des ORF falsch

Dabei sei der Medienstandort das Thema, erinnert der langjährige Branchenkenner. "Es geht nicht um die Frage, wie private TV-Veranstalter, die alle aus Deutschland kommen, optimal performen. Österreich sollte nicht zur digitalen Provinz Deutschlands werden." Für Gasser zeichnet sich eine "Beschneidung des ORF ab, die ich falsch finde. Die Stärke des ORF sollte die Politik nicht stören."

Gasser plädierte schon als Zeitungsverbandschef für eine Haushaltsabgabe statt der GIS-Gebühren, Mehreinnahmen sollten Presse- und Privatsenderförderung dotieren. Den ORF aus dem Staatsbudget zu finanzieren, lehnt er ab: "Direktes Subventionieren hat immer mit Abhängigkeit zu tun." Der ORF-Chef müsse einmal im Jahr als Bittsteller zur Regierung pilgern, "auch kein Zeichen für einen unabhängigen ORF". Falsch sei auch das Signal, wenn ein "anspruchsvolles und qualitatives Produkt nichts kostet".

Zu tun sei einiges in Führung und Aufsicht des ORF. Ein Alleingeschäftsführer für einen Milliardenkonzern mit 4000 Mitarbeitern sei "unzeitgemäß". Er empfiehlt mehrere Vorstände, aber mit Vorsitzendem: "Mit vier gleichberechtigten Vorständen hat noch kein Konzern funktioniert."

Ungeeignete Stiftungsräte

Der ORF brauche zudem einen echten Aufsichtsrat, der den Vorstand berät, begleitet und kontrolliert. "Im Stiftungsrat sitzen 35 honorige Menschen, von denen praktisch jeder die Interessen der entsendenden Institution vertritt. Das widerspricht dem Prinzip eines Aufsichtsrates." Der habe allein die Interessen des Unternehmens zu vertreten. "Von den 35 Stiftungsräten sind vermutlich nur wenige unter diesen Kriterien als Aufsichtsrat im Sinne einer AG geeignet." In der Bestellung von Exvizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Norbert Steger zum Stiftungsratschef sieht Gasser "alles andere als neuen Stil. Das ist alter Stil, ohne Schminke", zitiert er Hubert Patterer (Kleine Zeitung). Gasser vermisst "eine unabhängige und zukunftsorientierte Lösung – beides kann Herr Steger sicher nicht erfüllen".

Nächste Möglichkeit dafür: 2019 soll der ORF mit einem neuen Gesetz einen Aufsichtsrat bekommen, den Vorsitz dürfte dann die ÖVP bestimmen.

Kein Gehör fand Gasser bisher zur Regierungswerbung: "Die Regierung sollte ihre Kommunikationsetats zu Planung und Einkauf einer Mediaagentur übergeben. Das wäre ein Hygienefaktor, hier geht es um Steuergeld, nicht um Mittel aus Parteikassen". Nur strikte Trennung von Pressearbeit und bezahlter Werbung könne den Beigeschmack von "Anfütterung" ausschließen. Gasser plädiert auch für personelle Trennung von Medienpolitik und tagesaktueller Medienarbeit.

"Dann ist die Zeitung tot"

Eine auf acht Millionen Euro gekürzte Presseförderung im Vergleich zu 30 Millionen Bundesparteienförderung lässt Gasser zweifeln: "Ich nehme der Politik nicht ab, dass ihr eine starke vierte Gewalt ein Anliegen ist."

Wenn die Regierung der republikseigenen Wiener Zeitung wie geplant die Pflichtinserate von Unternehmen streicht, "ist die Zeitung tot". Sie machen mehr als 70 Prozent des Umsatzes aus. Gasser würde ihr "auf dem österreichischen Medienmarkt lieber Partner suchen". Eine so medienaffine Regierung müsste das Blatt vielmehr zur "Benchmark in Qualitätsjournalismus und Unabhängigkeit machen – wie man es auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwarten dürfte". (Harald Fidler, 6.6.2018)