Wien – ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bringt konkrete Vorschläge zur Medienenquete mit, die er Dienstagabend in einem Hintergrundgespräch für Journalisten zusammenfasste. Er plädiert für einen "nationalen Produktions- und Förderfonds", gespeist von internationalen Online-Konzernen und Werbefenstern deutscher Privater. Auch seine Ideen für einen ORF-Player und "Austria Player" präzisierte er.

Google, Facebook, Netflix, Amazon sollen zahlen

Der österreichische Medienstandort leide unter Abfluss von Werbegeld zu "Online-Giganten" (Google, Facebook, Netflix, Amazon) und in (deutsche) Werbefenster, konstatierte Wrabetz. Die Steuerleistung von Plattformen könnte man durch die Einführung einer "digitalen Betriebsstätte" erhöhen, meinte er. Zum anderen solle man die im Entwurf für die neue EU-Mediendienst-Richtlinie vorgesehene Bestimmung, dass Streaming-Dienste zu nationalen Förderfonds beitragen müssen, auf Werbefenster ausweiten. Insgesamt könnten durch solche Maßnahmen über 100 Millionen Euro pro Jahr zusammenkommen, die "privaten österreichischen Medien" ohne bestimmende US-Beteiligung zu Gute kommen sollen.

Streaming und Player

Die Weiterentwicklung der TVthek zu einem ORF-Player bezeichnete Wrabetz als "strategische Antwort auf das geänderte Mediennutzungsverhalten", Stichwort Streaming. Vor allem den Trend zum SmartTV, also zu Fernsehern mit Internet-Anschluss, hat er hier im Blick. "Lineares TV und On-Demand-Angebote werden in intelligenter Form miteinander verknüpft", schildert er das Konzept. So könne man die "genuine Stärke" im Videobereich auf den neuen TV-Geräten ausspielen – und "das im Verbund mit kommerziellen Anbietern". Freilich müsste dem ORF dafür online auch mehr erlaubt werden, etwa die Produktion von "online only"-Content. Wrabetz verwies erneut auf die BBC und ihren "iPlayer" als Vorbild.

Wrabetz erhofft sich von der Enquete auch schon einige konkrete Ergebnisse, etwa im Bereich der gemeinsamen Werbevermarktung. "Der ORF würde in so einer Kooperation kraft seiner Reichweite viel einbringen. Das wäre eine unterstützende Funktion."

Dem Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) nimmt Wrabetz die Bemühungen um eine ausgiebige Diskussion ab: "Das ist eine hochkarätig besetzte Enquete. Ich glaube nicht, dass im Hintergrund schon eine gesetzliche Festlegung im Detail getroffen ist."

Gemeinwohl und Lachen

Zum Hintergrundgespräch geladen waren auch zwei Gäste aus Deutschland, die im Anschluss auf ORF III mit Blümel, Wrabetz und anderen über Medienpolitik diskutierten. Barbara Thomaß von der Universität Bochum hob dabei die "Gemeinwohlorientierung" des öffentlich-rechtlichen Auftrags hervor. Herausforderung sei nun, diesen "für die digitale Welt aufzustellen". Bernd Holznagel (Universität Münster) zeigte sich "schwerst verwundert", dass in Österreich private Sender "mit der Forderung kommen, sie wollen einen Teil der Gebühren: Da musste ich schon lachen, zumal dieser Vorschlag in Deutschland krachend gescheitert ist." (APA, 6.6.2018)