Salzburg – In den vergangenen zwei Jahren haben 203 verpflichtende Erstuntersuchungen mit Sexarbeiterinnen in der Stadt Salzburg stattgefunden. Etwa hundert Frauen pro Jahr oder zwei pro Woche haben in der Mozartstadt begonnen, in einem Bordell zu arbeiten. Um legal als Prostituierte arbeiten zu können, brauchen die Frauen den sogenannten "Deckel", eine Gesundheitskarte, die drei bis vier Tage nach der verpflichtenden Untersuchung ausgestellt wird.
Neos-Klubobmann Sebastian Huber fordert nun, die Sexarbeiterinnen nicht nur medizinisch zu untersuchen, sondern bei diesem verpflichtenden Ersttermin auch eine Perspektivenberatung anzubieten. Vorbild ist hier die Stadt Graz. Dort gibt es neben der amtsärztlichen Untersuchung am Gesundheitsamt auch eine Erstberatung. Eine Streetworkerin informiert die Frauen in den Sprachen Deutsch, Rumänisch und Ungarisch über ihre Rechte und Pflichten und macht auf Unterstützungsangebote aufmerksam. Auch Beratungs- und Begleitangebote der Grazer Anlaufstelle SXA im Frauenraum Palaver werden den Frauen vorgestellt.
Gesundheits- und Arbeitsrechtsberatung
Ein Bereich der Beratung umfasst den Gesundheitsschutz. Den Frauen werden etwa Safer-Sex-Praktiken zum Infektionsschutz und Strategien zu deren Durchsetzung bei den Kunden nähergebracht. Ziel ist auch, die Sexarbeiterinnen über Arbeits- und Sozialrechte, ihre persönlichen Meldepflichten, Steuer- und Sozialversicherungspflichten sowie die tatsächlichen Rahmenbedingungen der Sexarbeit aufzuklären. Das soll auch einem Abhängigkeitsverhältnis gegenüber den Bordellbesitzern vorbeugen. Auch Fotorechte sind ein Thema der Beratung.
"Bürgermeister Harald Preuner ist aufgefordert, sich hier an seinem Grazer Amtskollegen Siegfried Nagl eine Scheibe abzuschneiden und eine Erstberatung parallel zur Untersuchung über eine NGO anzubieten", sagt Huber. Am Donnerstag will er einen entsprechenden Antrag im Sozialausschuss einbringen. Zu den verpflichtenden Gesundheitsuntersuchungen für Sexarbeiterinnen fordert der praktizierende Arzt "ein modernes und standardisiertes Untersuchungsprotokoll sowie einen wertschätzenden Umgang mit den Patienten". Die Untersuchung solle auch eine Befundbesprechung enthalten und künftig auch bei niedergelassenen Frauenärzten und nicht nur beim Gesundheitsamt durchgeführt werden können. (Stefanie Ruep, 6.6.2018)