Juliane-Bogner Strauß interpretiert ihre Funktion als Frauenministerin ziemlich ungewöhnlich: Sie kürzt zahlreichen feministischen Vereinen die Mittel.

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Es gibt gleich zwei neue Stile im Umgang mit österreichischer Frauenpolitik: Der eine wird durch den Rotstift geprägt, den anderen zeichnet der markige Widerstand gegen die eingebildete feministische Weltherrschaft aus. Ersteren leistet die ÖVP, letzteren die FPÖ.

Bekanntlich stürzte sich Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) kürzlich heroisch in den Kampf gegen das Binnen-I und schaffte es hemdsärmelig beim Bundesheer ab, wo es allerdings nie offiziell und bindend überhaupt erst eingeführt wurde. Reife Leistung, viel früher kann man eine Regelung wohl nicht abschaffen; nämlich bevor sie eingeführt wurde. Und auch die freiheitlichen Studierenden bündeln trotz des gerade prüfungsintensiven Semesterendes ihre Kräfte, um sich via Bürgerinitiative gegen den Feind geschlechtergerechte Sprache an den Unis aufzulehnen. Wegen eines verbesserten Alltags "der Studenten" wäre es, hält der RSF in einer Aussendung fest. Wäre die FPÖ nicht Teil der Bundesregierung, könnte man vielleicht darüber lachen, an welchem Punkt sich diese Partei und Assoziierte bereits bedroht fühlen.

Kein Betrag ist für eine Kürzung zu klein

Parallel dazu fährt die ÖVP einen dezenteren, aber nicht minder fortschrittlichkeitsfeindlichen Kurs: Das Frauenministerium unter der Leitung von Juliane Bogner-Strauß kürzt eine Förderung für feministische Projekte nach der anderen. Schon zum Jahreswechsel wurden verschiedene Förderungen von Fraueneinrichtungen im türkis-blauen Oberösterreich eingestellt, Anfang der Woche schrieb der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern in einem offenen Brief von einer Halbierung seines Budgets – was das Ministerium auf Anfrage des STANDARD auch bestätigte. Und eben wurde bekannt, dass das Frauenministerium die jahrzehntelange Unterstützung für die feministisch-entwicklungspolitische Zeitschrift "Frauensolidarität" streicht.

Es ist im Grunde ein sehr kleiner Betrag, 22.000 Euro, mit dem der Verein aber einiges leisten konnte (es gibt eine Bibliothek, einen Onlinekatalog, eine vierteljährliche Zeitschrift, Radiosendungen). Dem Frauenministerium – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: dem Frauenministerium – ist aber offenbar kein Betrag zu klein, um mit seiner Kürzung Desinteresse an feministischer Arbeit unter ohnehin extrem prekären Verhältnissen zu demonstrieren.

Auf diese Liste von rückschrittlichen Symboliken und Budgetkürzungen stimmte schon ein Satz aus dem Regierungsprogramm ein, in dem nicht "Gleichheit", sondern die "Verschiedenheit" entlang der Geschlechtergrenzen betont wird. Das harmonische Zusammenspiel von ÖVP und FPÖ gegen feministische Frauenpolitik verdichtete sich in dieser Formulierung: "Die Verschiedenheit von Mann und Frau zu kennen und anzuerkennen ist ein Bestandteil menschlichen Lebens und damit unantastbar mit der Würde des Menschen verbunden."

Fetisch "Verschiedenheit"

Dass dieses Beharren auf "Verschiedenheit" als Bremsmanöver für sämtliche Gleichstellungsbestrebungen verstanden werden kann, ahnten schon viele. Ja, es ist sogar eine Verpflichtung zur "Verschiedenheit", wie die Autorin Marlene Streeruwitz in ihrer wöchentlichen Videoreihe "Frag Marlene" analysiert. Nicht die Menschen, nicht das Leben, sondern die Verschiedenheit werde in den Mittelpunkt des Satzes gestellt, seziert Streeruwitz diesen Satz, der fast "verzweifelt", aber trotzdem wie nebenbei auf die "Verschiedenheit" beharrt.

"Wir müssen diesen Satz sehr ernst nehmen", sagt Streeruwitz. Wie ernst, zeigt sich nur knapp sechs Monate später, als wir ihn zum ersten Mal lesen. (Beate Hausbichler, 7.6.2018)